Circus: CEO will „ein global führendes Unternehmen aufbauen“

Seit 2021 gibt es den CA-1, die autonome Roboter-Küche von Circus. Damals wollten die Macher hinter Circus, allen voran Gründer Nikolas Bullwinkel, damit eigene Restaurants aufbauen und mit der autonomen Küche bestücken. Von dieser Idee ist man schnell abgekommen. Heute ist die Strategie, in die Breite zu gehen und unterschiedlichste Kunden damit auszurüsten.
Und davon gibt es, so Bullwinkel bei einem Vor-Ort-Besuch in München, eine Vielzahl. Die Pipeline sei gut mit spannenden Kunden gefüllt. Fast täglich erreichen Circus neue Anfragen von Interessenten - vom kleinen Restaurant bis zur Universität und dem Altenheim.
Bisher hat man mit diesen Interessenten während des Aufbaus der Serienfertigung Vorbestellungen und Absichtserklärungen abgeschlossen. Bullwinkel versteht die Kritik von Marktteilnehmern, dass Absichtserklärungen nicht die Qualität von Aufträgen besitzen. Diese dienen allerdings als wichtige Frühindikatoren, um zu sehen, wo es hingeht. So hat er aus seiner Sicht die Risiken der Serienfertigung mit einer frühen Produktionsindikation drastisch reduziert. In diesem Jahr läuft die Serienproduktion für den CA-1 an, man baut dabei nur das, was auch bestellt wurde. Im Sommer sollen die ersten Einheiten bei Kunden aufgebaut werden. Bis zu 6.000 Einheiten kann Circus theoretisch in jedem Jahr fertigen lassen. Im ersten Produktionsjahr 2025 dürfte die Kapazität bei einigen hundert Einheiten liegen.
Bullwinkel erläutert, dass es für Circus derzeit kaum Wettbewerb am Markt gibt. Kein anderer Anbieter sei momentan für eine Serienfertigung bereit. So muss man fast alleine die Technologie am Markt etablieren und Interessenten alles erklären. Einen großen Vorteil bei Circus sieht er dabei in der raschen Lieferfertigkeit.
Von der Pasta über die Suppe bis zum Kaiserschmarrn ist vieles machbar
Der 250.000 Euro teure CA-1 beinhaltet u. a. fünf Töpfe mit Kochgelegenheiten, eine Vielzahl von Kartuschen bzw. Silos, in die man die Zutaten für die Gerichte füllen kann, eine Spülmaschine, zwei Greifarme und Fächer zur Entnahme des fertigen Produkts. Vom Caesars Salat mit Hähnchenbrust und Croutons über die Karotten-Ingwer-Suppe und die Pasta mit Gemüse bis hin zum Kaiserschmarrn, die beim Besuch in München alle gekostet wurden, sind im CA-1 eine fast unendliche Vielzahl von Gerichten möglich – abgestimmt auf den Geschmack der Konsumenten. Je nach Beladung der Silos können 100 bis 200 verschiedene Rezepte ausgewählt werden. Schnitzel, Steak, Burger, Pizza oder Kuchen stehen allerdings nicht auf der Speisekarte.
Befüllt werden können die Kartuschen mit Bioware oder einfacheren Lebensmitteln, je nach Kundenwunsch. Nach 500 bis 600 Mahlzeiten ist das interne Lager aufgebraucht. Sobald eine Kartusche leer ist, gibt es automatisch eine Neubestellung durch das System. Aufgefüllt werden muss dann aber von einem Menschen, so perfekt ist die Roboterwelt dann doch noch nicht. Laut Bullwinkel ist der Küchenroboter inzwischen kaum noch störanfällig. Die lange Testphase hat dabei geholfen, Kinderkrankheiten zu beheben. Der Vorstandschef gibt die Betriebszeit mit 95 Prozent bis 98 Prozent an.
Große Küchenhersteller, von denen man denken könnte, dass sie die Konkurrenz aus Hamburg fürchten, sehen dies anscheinend nicht so. Laut Bullwinkel haben einige schon bei ihm angeklopft, um über Kooperationsmöglichkeiten zu sprechen. Einen Aspekt macht Bullwinkel in diesem Zusammenhang sehr deutlich. Er hat überhaupt keine Ambitionen, sein Unternehmen zu verkaufen. Man sei offen für Kollaborationen, aber man entwickelt gleichzeitig den eigenen Weg zur hoffentlich marktführenden Position – und wird dabei von verschiedenen Patenten geschützt.
Kurs der Aktie steht derzeit nicht im Fokus
Von untergeordneter Bedeutung für Bullwinkel ist derzeit die Kursentwicklung der Aktie: „Der Kurs wird vom Markt gemacht. Wir erledigen unsere operativen Hausaufgaben.“ Man sei in einer frühen Phase der Unternehmensgeschichte. Da werde noch viel geschehen. Ein Grund für das frühe Listing war unter anderem, dass man eigene Aktien als Währung für Akquisitionen und Talentgewinnung einsetzen kann.
Drei Zukäufe hat Circus bisher getätigt. Kurzfristig sind keine weiteren Akquisitionen geplant, so Bullwinkel. Doch man schaut sich am Markt um, gerade im Bereich Künstliche Intelligenz gibt es immer wieder interessante Entwicklungen. Man sei zwar gut finanziert, so Bullwinkel, halte sich aber auch die Möglichkeiten einer Kapitalerhöhung zur Wachstumsfinanzierung offen.
Analysten sehen klares Kurspotenzial
Analysten sind am Kurs hingegen deutlich interessierter. So errechnen die Experten von mwb research ein Kursziel von 75,00 Euro für die Circus-Aktien und sprechen eine Kaufempfehlung aus. Aktuell notiert die Aktie bei rund 20,80 Euro. Daraus resultiert eine Marktkapitalisierung von rund 455 Millionen Euro. Seit dem Frühjahr 2024 hat sich das Papier annähernd verdoppelt.
Im Modell der Analysten steht für 2026 ein Gewinn von 0,23 Euro je Aktie und für 2027 von 2,36 Euro. Bullwinkel geht es aber derzeit eher um das Etablieren seines Produkts, um das Wachstum der Gesellschaft. Doch wenn man berücksichtigt, wie weit die Gesellschaft schon gekommen sei, erscheint das Modell der Analysten nicht ausgeschlossen, glaubt der Vorstandschef. Um dies zu untermauern, müssen die Absichtserklärungen zeitnah in feste Verträge umgewandelt werden. Dem 28-Jährigen ist klar, dass er liefern muss – sonst könnten die Kursgewinne der Vergangenheit angehören. Sein Fazit klingt jedoch sehr zuversichtlich: „Wir sehen einen unvergleichbaren Fachkräftemangel in der Food-Service Industrie und gleichzeitig einen globalen Kundenbedarf nach ausgewogenen Gerichten zu fairen Preisen. Ich bin sehr fest davon überzeugt, dass wir im Markt mit unserer Technologie ein global führendes Unternehmen aufbauen können.“