Börse am Morgen: Deepseek-Panik, Nvidia, Oracle, Siemens Energy, Ölpreis - Nord LB

Die Stimmung in den dt. Unternehmen hat sich zum Jahresauftakt etwas aufgehellt. Der ifo-Geschäftsklimaindex kletterte leicht auf 85,1 Punkte. Vor allem die aktuelle Lage zog an, immerhin auf den besten Wert seit August, während die Erwartungen angesichts großer Unwägbarkeiten pessimistisch bleiben. Die Rückkehr von Donald Trump, die anstehenden Neuwahlen in Deutschland, die hohe Zustimmung in Meinungsumfragen für vor allem Rechtspopulisten – die dt. Unternehmen leiden weiterhin vor allem unter der hohen Unsicherheit und machen sich Sorgen um den Standort Deutschland. Es spricht viel dafür, dass Deutschland vorerst in der Stagnation gefangen bleibt. Für 2025 erwartet unser Chefvolkswirt nur ein leichtes BIP-Wachstum von 0,2%.
Derweil sorgt sich die Chefin der europäischen Zentralbank (EZB) um die Unabhängigkeit der Notenbanken in manchen Weltregionen. Laut Lagarde würde ein stärkerer politischer Einfluss auf die Geldpolitik die Aufgabe der Währungshüter erschweren. Anhaltender politischer Druck auf die Notenbanken beeinflusse das Nivea und die Volatilität von Anleiherenditen, Wechselkursen und Risikoaufschlägen.
Die deutsche Bundesbank warnt in dieser konjunkturellen und (geo-) politischen Gemengelage vor zunehmenden Kreditrisiken bei dt. Finanzinstituten. Michael Theurer (Bundesbank-Vorstand) sprach gestern in einer Rede davon, dass die Risikovorsorge für Kredite und der Anteil an notleidenden Darlehen in den Instituten kontinuierlich ansteige. Als wesentlichen Treiber sind gemäß Theurer Gewerbeimmobilien der Auslöser.
Tagesausblick
Im Vorfeld zur EZB-Sitzung am Donnerstag wird mit den Ergebnissen zur vierteljährlichen Bank Lending Survey ein aktualisiertes Bild der Kreditvergabe und -bedingungen für Unternehmen und privaten Haushalten im Euroraum präsentiert. Auf der anderen Seite des Atlantiks laufen verschiedene harte und Frühindikatoren über die Ticker. Bei den Auftragseingängen für langlebige Güter im Dezember wird, unter Ausschluss des schwankungsanfälligen Transportsektors, kaum Dynamik erwartet. Zudem wird beim Case-Shiller-Index auf die Preisentwicklungen im US-Immobilienmarkt für November zu achten sein. Die Ergebnisse zum Verbrauchervertrauen im Januar dürften im Hinblick auf die pol. Veränderungen während des Befragungszeitraums durchaus interessant sein.
Renten- und Aktienmärkte
Kein neues Rekordhoch beim DAX. Stattdessen rein in den sicheren Hafen Rentenpapiere. Zum Auftakt der „Woche der Zentralbanken“ fallen die Renditen 10-jähriger Sovereign Bonds sowohl in der größten Volkswirtschaft der Welt als auch im europ. Währungsraum. Was ist ein wesentlicher Treiber? Deepseek (siehe unten). Entsprechend legten die Kurse dt. Staatsanleihen und ihre US-amerik. Pendants zu.
Im DAX bekamen die Aktien des Elektronikkonzerns Siemens Energy gestern massiven Gegenwind zu spüren (zeitweilig schlug Intraday ein Kursrückgang von mehr als 21% zu Buche). Die Titel des Gasturbinen-, Netzinfrastruktur- und Windräderspezialisten litten unter dem generellen Verkaufsdruck an den Börsen, welcher durch das KI-Start-up Deepseek ausgelöst wurde. Zur Einordnung: Siemens Energy würde normalerweise durch das erst kürzlich anberaumte Projekt Stargate enorm profitieren und haussierte entsprechend in der letzten Woche. Aber wie gewonnen so zerronnen!
Deepseek scheint dem letzten Newsflow zu Folge in der Lage zu sein, ähnlich leistungsfähige KI-Modelle für einen Bruchteil der Investitionen entwickeln zu können. IT-Aktien legten daher weltweit und flächenübergreifend den Rückwärtsgang ein. Die Techkonzerne an der Wall Street ließ der Hype um das chin. KI-Billigmodel wahrlich erschaudern. Nvidia-Papiere verloren mehr als 17%, Oracle bspw. rd. 12%.
DAX -0,53%; MDAX -0,02%; TecDAX -0,47%; Dow Jones +0,65%; S&P 500 -1,46%, Nasdaq Comp. -3,07%.
Unternehmen
Das dt. Traditionsunternehmen Stihl (meistverkaufte Motorsägenmarke der Welt aus Waiblingen bei Stuttgart) überlegt aufgrund von zu hohen Kosten und Bürokratie den Standort Deutschland zu verlassen. Als Option ist die Schweiz im Gespräch. Trotz höherer Löhne wäre bei den Eidgenossen die Arbeitsstunde (aufgrund längerer Arbeitszeiten und weniger Bürokratie) rd. 10% günstiger als in Deutschland.
Devisen und Rohstoffe
Der besser als erwartet ausgefallene Ifo-Index stabilisierte am Montag den Eurokurs leicht oberhalb der Marke von 1,05 USD.
Drill Baby, drill. Ölpreise setzten ihren Preisrückgang fort.
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