Deutschland: Deutsche Wirtschaft ist 2024 das zweite Jahr in Folge geschrumpft - Nord LB

Heute Vormittag hat das Statistische Bundesamt eine erste Schätzung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands im Jahr 2024 veröffentlicht. Das reale Bruttoinlandsprodukt ist demnach voraussichtlich um 0,2% gegenüber dem Vorjahr gesunken, nach einem Rückgang von 0,3% im Vorjahr. Kalenderbereinigt betrug der Rückgang ebenfalls 0,2%. Für die heute veröffentlichten Zahlen lagen wie üblich noch nicht alle Daten vor, daher liegt der zweite wesentliche Informationsgehalt der vorliegenden Meldungen in einer ersten Schätzung zu den Wachstumszahlen im vierten Quartal 2024 von -0,1%.
Die deutsche Wirtschaft blieb damit auch im Jahr 2024 in der Stagnation gefangen. Die Liste der Belastungsfaktoren dürfte auf Sicht kaum kürzer werden – darunter geopolitische Spannungen, Deglobalisierung, wirtschaftliche Transformation, demografischer Wandel, schwache Nachfrage und Investitionsstau. Zusätzlich haben sich die politischen Unsicherheiten durch die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus sowie innenpolitische Veränderungen in Deutschland und Frankreich erhöht, was sich zum Jahresstart spürbar am gegenwärtigen Stimmungsbild in den deutschen Unternehmen ablesen lässt.
Die reale Wertschöpfung entwickelte sich 2024 in den Wirtschaftsbereichen unterschiedlich, das Sorgenkind bleibt die Industrie. Recht deutlich waren die Rückgänge im verarbeitenden Gewerbe (-3,0% Y/Y) und Baugewerbe (-3,8%), vor allem wegen der belastenden Finanzierungsbedingungen und Baupreise. In den energieintensiven Zweigen – beispielsweise Chemie- und Metallindustrie – blieb die Produktion auf niedrigem Niveau, nachdem sie in 2023 infolge der hohen Energiepreise erheblich zurückgegangen war. Ein leichtes Wachstum hingegen vermeldeten insgesamt die Dienstleistungsbereiche (+0,8%). Vom preisbereinigten privaten Konsum ging weniger Impulswirkung als noch über weite Teile des Jahres 2024 erhofft aus (+0,3%), wobei sich einmal mehr vor allem das hohe Maß an Unsicherheit als neuralgischer Punkt für das Konsumklima erweist. Außenwirtschaftlich sanken in 2024 darüber hinaus auch Exporte in realer Rechnung (-0,8%), die Einfuhren sind hingegen leicht gestiegen (0,2%).
Über dem wirtschaftlichen Ausblick in Deutschland schwebt zudem zweifelsohne das Damoklesschwert US-Importzölle. Mit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus droht eine Wiederauflage der protektionistischen Handelspolitik, was Deutschland als sehr offene Volkswirtschaft besonders stark belasten würde. Zusätzliche Impulse zur Überwindung der wirtschaftlichen Stagnation wären insofern notwendig und hilfreich, bis sich die vier Zinssenkungen der EZB in 2024 auf die Realwirtschaft übertragen haben und zu messbaren Erleichterungen führen. Realistischerweise sind Konjunkturimpulse und Strukturreformen der Politik, die zusammen die Negativspirale aus schlechter Stimmung und Zurückhaltung bei Investitionen brechen können, erst nach den Neuwahlen und einer neuen Regierungsbildung zu erwarten. Unsere BIP-Prognose für Deutschland für 2025 fällt daher insgesamt mit 0,2% entsprechend vorsichtig aus, die Prognoseunsicherheit ist zudem ungewöhnlich hoch.
Fazit
Die deutsche Wirtschaft ist im Jahr 2024 nach vorläufiger Schätzung des Statistischen Bundesamtes um 0,2% nunmehr das zweite Jahr in Folge geschrumpft. Nach erster Schätzung zum Q4-BIP ist die Wirtschaftsleistung um -0,1% zurückgegangen. Zyklische und strukturelle Belastungsfaktoren haben im vergangenen Jahr vor allem die Industrie belastet, zusätzlich hat sich die politische Unsicherheit durch innenpolitische Veränderungen in Deutschland und Frankreich spürbar erhöht. Aber auch die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus hat zum Jahresstart deutlich sichtbare Spuren im gegenwärtigen Stimmungsbild in den deutschen Unternehmen hinterlassen. Impulse zur Überwindung der wirtschaftlichen Stagnation wären insofern notwendig und hilfreich, bis sich die vier Zinssenkungen der EZB in 2024 auf die Realwirtschaft übertragen haben und zu messbaren Erleichterungen führen. Realistischerweise sind Konjunkturimpulse und Strukturreformen der Politik, die zusammen die Negativspirale aus schlechter Stimmung und Zurückhaltung bei Konsum und Investitionen brechen können, erst nach den Neuwahlen und einer neuen Regierungsbildung zu erwarten.
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