US-Notenbanksitzung im November: Keine Eile - DWS
Die US-Notenbank Federal Reserve zeigte nach der US-Präsidentschaftswahl eine ruhige Hand und senkte auf ihrer heutigen Sitzung die Zinsen um weitere 25 Basispunkte. Obwohl die Zentralbanker wie erwartet handelten, beinhaltet die Presseerklärung nicht mehr die Floskel „größeres Vertrauen“ in den Inflationsausblick. Auf die Frage während der Pressekonferenz, warum sie diese gestrichen haben, antwortete der Notenbankvorsitzende Jerome Powell, dass dieser „Test“ bereits bestanden worden sei und dass es derzeit kein guter Zeitpunkt für konkrete Prognosen sei. In Bezug auf die Lage auf dem Arbeitsmarkt stellte er fest, dass die Bedingungen kurz vor der Pandemie angespannter waren als heute. Wir erinnern uns, dass der Handelskrieg und die expansive Fiskalpolitik damals bereits begonnen hatten, Preisdruck aufzubauen - vielleicht ein sehr dezenter Hinweis darauf, was die US-Notenbanker eigentlich nicht sehen wollen.
Auf die direkte Frage zum Wahlergebnis und möglichen wirtschaftspolitischen Implikationen blieb er diplomatisch und sagte, dass sie keine Vermutungen anstellen und über Ergebnisse spekulieren, räumte aber ein, dass diese Ergebnisse – sobald sie bekannt sind – ihre geldpolitischen Entscheidungen beeinflussen könnten. Im Jahr 2016 diskutierten die Zentralbanker bei ihrer Sitzung nach der Wahl tatsächlich über die Auswirkungen möglicher Änderungen in der Handelspolitik, wie aus dem veröffentlichten Protokoll hervorgeht. Sicherlich sind solche Überlegungen mit einer großen Unsicherheit verbunden, da der Zeitpunkt und das Ausmaß möglicher Änderungen in der Handels- und Fiskalpolitik derzeit noch nicht bekannt sind. Letztlich wird es noch einige Zeit dauern, bis an dieser Front Klarheit herrscht. Deshalb erwarten wir weiterhin eine weitere Senkung um 25 Basispunkte im Dezember und vielleicht noch ein paar mehr im Jahr 2025. Gleichzeitig gehen wir aber bereits davon aus, dass weniger Zinssenkungen anstehen als noch vor einigen Wochen erwartet. Die Fed scheint es nicht mehr eilig zu haben, die Zinsen in Richtung Neutralität zu senken, wie Powell es ausdrückt. Zu guter Letzt gab uns Powell ein sehr konkretes Versprechen: Auf die Frage, ob er einen Rücktritt vor dem Ende seiner Amtszeit im Jahr 2026 in Betracht ziehen würde, sollte Präsident Trump dies einfordern, antwortete er: „Nein!“
Christian Scherrmann, US-Volkswirt
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