Börse am Morgen: U.a. mit Zinssenkungen, Deutsche Bahn, EnBW und Ölpreis - Nord LB
Der europ. Verband WindEurope bemängelt den zu langsamen Ausbau der Windenergie auf dem Kontinent. In 1HJ/24 wurden neue Windparks mit einer Leistung von insgesamt 6,4GW gebaut. Deutschland erzielte dabei allein einen Zuwachs von 1,7GW (gefolgt von Frankreich mit 1,2GW). Giles Dickson (GF WindEurope): „Europa baut nicht genug neue Windparks, um seine Energieziele für 2030 zu erreichen. Die Zahl wird in den nächsten sechs Jahren zwar steigen, aber nicht genug“ (das Kapazitätsziel der EU liegt bei 450GW im Jahr 2030; Stand 06/2024: 225GW). Laut Wind Europe besteht auch beim Netzausbau (siehe EnBW unten) und den Genehmigungsprozessen dringender Handlungsbedarf.
Das beim Netzausbau offensichtlich aktiveres Eingreifen notwendig ist, bestätigt auch der Verband der Automobilindustrie (VDA). Die Geschwindigkeit beim Ausbau der Ladeinfrastruktur und der Wasserstoff-Tankstellen muss sich beschleunigen. Außerdem fordert der VGA explizit, dass die EU-Kommission die CO2-Ziele für Autos und leichte Nutzfahrzeuge schneller überprüfen solle. Derzeit bleibt die Elektrofahrzeugnachfrage hinter den Erwartungen zurück. Ab dem Jahr 2025 gelten in der EU strengere CO2- Ziele (die erlaubte Obergrenze für durchschn. Emissionen sinkt bei Neuwagen auf 94g/km (2024: 116g/km)). Brisant in diesem Umfeld: Gelingt es den Konzernen nicht, die ambitiösen Ziele über den Verkauf von Elektroautos zu erreichen, drohen hohe Strafzahlungen.
Wochenausblick
Nach der Zinssenkung durch die EZB stehen die Märkte nun vor einer regelrechten Woche der Notenbanken. Das FOMC wird der Zentralbank in Frankfurt faktisch folgen – auch wenn man dies natürlich nicht eingestehen kann – und die Fed Funds Target Rate dürfte somit sinken. Wir gehen eher von einem vorsichtigen Zinsschritt aus. Die Offiziellen in Washington werden nicht hektisch wirken wollen. Gewisse Sorgen bezüglich der Beschäftigungssituation in den USA müssten eine Anpassung der US-Geldpolitik aber erforderlich machen. So rückt bei der Arbeitslosenquote U6 beispielsweise inzwischen die psychologisch wichtige Marke von 8,0% in den Fokus. Auch in London und Tokio stehen Zinsentscheidungen an. Bei der Bank of Japan (BoJ) dürften allerdings grundsätzlich weiterhin Leitzinsanhebungen auf der Agenda der Verantwortlichen stehen. Die Notenbank in Tokio tanzt also wohl wieder aus der Reihe. Nach den Turbulenzen in der jüngeren Vergangenheit könnte man nun zunächst etwas zögern wollen, hochrangige BoJ-Offizielle waren zuletzt aber durch ziemlich „hawkishe“ Kommentare aufgefallen. Folglich besteht in Tokio also eine Art Restrisiko für einen Zinsschritt nach oben.
Renten- und Aktienmärkte
Zinssenkungsfantasien helfen den Märkten. Aktien im Plus; Bondrenditen runter. DAX +0,98%; MDAX +1,26%; TecDAX +0,90%; Dow Jones +0,73%; S&P 500 +0,54%; Nasdaq Comp. +0,65%.
Unternehmen
Der Energiekonzern EnBW evaluiert eine Kapitalerhöhung über rd. EUR 3 Mrd. Für die Energiewende haben die Karlsruher bis zum Jahr 2030 derzeit Ausgaben i. H. v. EUR 40 Mrd. veranschlagt. Weiterer Investitionsbedarf über EUR 10 Mrd. zeichnet sich ab (hauptsächlich in wasserstofffähige Gaskraftwerke, den Ausbau von Übertragungs- und Verteilnetzen, den Neubau von Wind- und Solaranlagen sowie den Ausbau der Elektromobilität). Um die grüne Strategie erfolgreich implementieren zu können, steht EnBW im intensiven Kontakt zu den Anteilseignern.
Im dt. M&A-Karussell konnte zum Ende der Woche wieder ein ausländischer Konzern einen Erfolg verbuchen. Für EUR 14 Mrd. geht die Speditionstocher Schenker der Deutschen Bahn an den dän. Logistikkonzern DSV (für DSV markiert dies zeitgleich die größte Übernahme ihrer Geschichte). Eine neue Nummer 1 am Weltmarkt entsteht und ein 150 Jahre alter dt. Name mit Tradition verschwindet. Schenker soll unter dem Namen DSV weitergeführt werden. Der Staatskonzern Bahn benötigt den Erlös dringend um einen Schuldenberg i. H. v. EUR 30 Mrd. abzutragen. Der ratifizierte Vorvertrag bedarf zwar noch der Zustimmung der Aufsichtsräte sowie des Bundes, dies gilt aber als reine Formsache.
Devisen und Rohstoffe
Öl konnte den Aufwärtstrend zum Ende der letzten Woche fortsetzen. Zusätzliche Impulse erhält das schwarze Gold durch den aktuell schwächeren US-Dollar. Aussichten auf zügig sinkende Zinsen in der größten Volkswirtschaft der Welt belasten den Greenback (ein schwacher Dollar macht den Kauf von Rohstoffen (trad. in USD gehandelt) für Investoren attraktiver).
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!