Anlagen fürs Leben - Börse München
Die – zumindest für Investoren – wichtigste Nachricht lautet, dass die EZB die Zinsen gesenkt hat, endlich. Doch ein Sturm der Euphorie brach eher nicht aus, das Echo blieb verhalten. „Das kann nicht zufriedenstellen“, schreibt das Handelsblatt. Mit der Zinssenkung war gerechnet worden, dazu brauchte es nicht einmal einen Kaffeesatz. Die Anleger hatten aber einen detaillierten Ausblick erwartet, und den gab es leider nicht. Immerhin, die Börse reagierte – verhalten – positiv. Was geschah noch? In Dresden stürzte eine Brücke ein, ohne Fremdeinwirkung, einfach so. „Deutschlands Brücken zerbröseln“, textet die Frankfurter Allgemeine Zeitung dazu. Dafür klappte der Warntag einigermaßen, die Handys schrillten landauf landab, vielleicht tun sie das vor der nächsten Brückenüberfahrt? Das wichtigste bevorstehende Großereignis ist zweifellos die Wiesn in München. Prompt zeigt der September, wie miserabel das Wetter sein kann, und die Abendzeitung berichtet, wie teuer ein Besuch für uns wird: „Wiesn: Die Preise in den Zelten“ für „Hendl, Bier und mehr“. Dabei braucht’s doch nur Hendl und Bier, wer will da noch mehr?
Herbst
Pastellig flattern die Finanzmagazine in dieser Woche ins Haus und auf den Schreibtisch. Es wird Herbst, eindeutig. „Vererben, aber richtig“, lautet der Aufmacher von Focus Money. Hier überreichen sich zwei Hände ein kleines Häuschen vor blassrosa Hintergrund, gezeichnet selbstverständlich. Richtet sich wohl an eine Leserschaft im Herbst des Lebens, unsereiner fragt sich, was er überhaupt vererben soll, außer schlechten Gewohnheiten. Hier sind es jedoch „Immobilien, Geld, Aktien – Wie Vermögen den Besitzer wechseln: mit geringer Steuerlast und ohne Streit“. Hört sich eher theoretisch an. Einen Sandstrand mit schaumig-hellgrünem Wasser im Vogelperspektive zeigt uns Börse Online auf dem Titel und hat extra für uns „25 Aktien für das Leben“ in den Sand geschrieben. „Besser als Dax, Dow und S&P 500“. Also schnell das Heft besorgen, bevor eine Welle die Schrift verschwinden lässt. In braunen Tönen kommt ein Longhorn-Bulle in Der Aktionär auf uns zu und der ist selbstverständlich „groß, stark, stabil“. Es geht aber gar nicht um ihn, den Bullen, sondern: „Diese Evergreen-Aktien sind für die Ewigkeit“. Also doch was zum Vererben…
Finanzwissen
Die Börsen-Zeitung hat sich in ihrer Rubrik „Im Datenraum“ einmal mehr mit der Finanzbildung der Deutschen befasst. Ein weites Feld, würde Fontane dazu sagen, der übrigens des Öfteren mit Geldsorgen zu kämpfen hatte und viele Entscheidungen keineswegs ökonomisch ausgewogen traf. Die Deutschen im Hier und Heute haben, zumindest laut einer Umfrage des Deutschen Bankenverbandes, aus dem die Börsen-Zeitung zitiert, einerseits eine hohe Meinung von ihren Finanzkenntnissen, können diese aber in der Praxis nur schlecht anwenden, vorsichtig formuliert: „Starke Selbsteinschätzung, ausbaufähiges Wissen“, nennt es die Zeitung. Ein Beispiel: Während 59 Prozent der Meinung sind, sich in Geld- und Finanzfragen gut auszukennen – 2017, als die Regulierungsmaßnahmen für mehr Anlegerschutz noch geringer ausfielen, waren es übrigens noch 75 Prozent – wissen 36 Prozent schon mit der Inflationsrate nichts anzufangen. Aber alle wünschen sich, dass sich die Schule des Themas Finanzbildung annimmt – nur Schüler wurden wahrscheinlich nicht befragt.
Kreuzfahrt
Als historisch einigermaßen aufgeweckter Bürger zog uns die Überschrift des Newsletters vom Bankenverband in den Bann: „Finanztipps für Kreuzfahrer“ betitelt. Nanu, dachten wir, ist es nicht ein wenig spät, Gottfried von Bouillon oder Richard Löwenherz zu empfehlen, wie sie ihr Geld anlegen sollten? Ersterer hat im Übrigen seine Güter an den heimischen Bischof verpfändet, um die Reise nach Jerusalem finanzieren zu können. Und für Richard Löwenherz zwei Kreuzzüge später mussten 100.000 Mark – 23 Tonnen Silber – Lösegeld an den deutschen Kaiser Heinrich IV. und den österreichischen Herzog Leopold V. bezahlt werden, die ihn auf dem Heimweg festgesetzt hatten. Warum und wieso würde hier zu weit führen – und hat doch eher wenig mit den Finanztipps des Bankenverbandes zu tun. Denn diese richten sich vielmehr an Teilnehmer von Kreuzfahrten. Diese sollten beispielsweise darauf achten, dass ihre Karten auch überall da gelten, wo das Kreuzfahrtschiff anlegt. Zuletzt zwei Anmerkungen: Kreuzfahrtschiff kommt aus dem Niederländischen und hat etwas mit gegen den Wind kreuzen zu tun (kruiser), laut Duden ist Kreuzfahrer jedoch kein Begriff für Menschen, die an einer Kreuzfahrt teilnehmen. Die Ritter des Mittelalters wiederum kannten weder den Begriff Kreuzfahrt (sie nahmen den Landweg) noch Kreuzfahrer – sie verstanden sich als bewaffnete Pilger.
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