Börse am Morgen: U.a. mit DAX, Salzgitter, Wüstenrot, FOMC und Russland - Nord LB
Die Inflation im Euroraum ist im August wieder rückläufig. Wie Eurostat am Freitag meldete, beträgt die Teuerung 2,2% Y/Y (zuvor 2,6% Y/Y). Auch die Kernrate geht auf 2,8% Y/Y leicht zurück. Dies alles liegt im Rahmen der Erwartungen. Wermutstropfen: Die Inflation im Dienstleistungssektor bleibt mit 4,2% Y/Y deutlich zu hoch. Die aktuelle Entwicklung beruht also überwiegend auf Basiseffekten und den zuletzt gesunkenen Energiepreisen. Insgesamt steht damit einer weiteren Zinssenkung um 25bp im September aber nichts mehr im Weg. Wegen der hohen Unsicherheit über die weitere Inflationsentwicklung wird die EZB unserer Einschätzung nach am datenbasierten Ansatz festhalten und Ende dieses Jahres eine weitere Zinssenkung vornehmen. Konträre Aussagen kommen hingegen von der Bundesbank. Da die Inflation noch nicht nachhaltig auf 2% zurückgekehrt sei, solle sich die EZB vor einer zu raschen Senkung hüten.
Seit dem Jahr 2022 steigt die Arbeitslosigkeit in Deutschland stetig an und es ist keine Besserung in Sicht. Im August liegt die Arbeitslosenzahl bei 2,782 Mio. (Anstieg um 63.000). Die Bundesagentur für Arbeit schließt sogar ein Überschreiten der 3 Mio.-Grenze für den Januar 2025 (sogenannte Winterarbeitslosigkeit) nicht mehr aus. Insbesondere auf dem Bau, im Handel und in der Industrie werden derzeit Beschäftigte reduziert, im Gesundheits- und Sozialwesen findet hingegen ein Aufbau statt.
Wochenausblick
Auch in den USA scheint die Zinswende nun näher zu rücken, so wirft die kommende Woche bereits den Schatten voraus. Neben den Angaben zu den beiden ISM Einkaufsmanagerindizes steht in diesem Kontext vor allem der Arbeitsmarktbericht im Mittelpunkt des Interesses. Die jüngsten Anmerkungen von Powell belegen dies sehr klar. Mit Blick auf die am Freitag anstehenden Daten zur Beschäftigungssituation sollten nur wirklich unerfreuliche Zahlen eine baldige Zinssenkung um 50bp auslösen können. Das FOMC wird bei der Neuausrichtung der Geldpolitik möglichst nicht hektisch wirken wollen.
Renten- und Aktienmärkte
Dt. Staatsanleihen (10Y) verlassen den letzten Handelstag der Woche im Minus. Die Rendite fällt auf 2,29% (minus 3bp). Anekdote am Rand: Im September 1990 konnte man als Investor eine Rendite von 9,13% für 10-jährige Bunds einloggen. In diesem Umfeld erscheinen die derzeit zu erzielenden Renditen (auch in der wirtschaftl., dt. Gesamtsituation) in einem ganz anderen Licht.
Neuer Rekord beim DAX: 18.970,71 Punkte. Eine europ. Inflation auf einem Drei-Jahres-Tief (siehe oben) sowie die Aussicht auf sinkende Zinsen im September beflügeln Intraday. Auch wenn es unglücklich, zynisch anmuten mag, sogar die höheren Arbeitslosenzahlen in Deutschland wirkten unterstützend, da sie die Wahrscheinlichkeit für weitere Zinssenkungen erhöhen. DAX -0,03%; MDAX +0,76%; TecDAX -0,09%; Dow Jones +0,55%; S&P 500 +1,01%; Nasdaq Comp. +1,29%.
Unternehmen
Salzgitter schließt eine Strompartnerschaft mit Vattenfall über die Nutzung von grünem Strom. Explizit geht es um den OffshoreWindpark Nordlicht 1 vor Borkum, welcher 2028 ans Netz gehen soll. 51% von Nordlicht 1 gehören Vattenfall (49% BASF). Salzgitter benötigt für die Herstellung von grünem Stahl auch grüne Energie um zukünftig eine CO2-arme Produktion zu gewährleisten. Der Vertrag mit Vattenfall hat eine Dauer von 15 Jahren und eine Anschlussleistung von 75MW. Pro Jahr sollen rd. 300GWh Strom bezogen werden können (dies entspricht rechnerisch einem Stromverbrauch von rd. 120.000 Haushalten).
Bei der zweitgrößten Bausparkasse Deutschlands (Wüstenrot) hat sich das Neugeschäft im HJ1 2024 um fast die Hälfte (minus 48%) reduziert. Auch Marktführer Schwäbisch Hall enttäuscht. Hier schlägt das Minus mit „nur“ 23% zu Buche. Grund: Der zinsgetriebene Boom der Vergangenheit ist vorüber.
Rohstoffe
Laut dem Statistikdienst Rosstat plant Russland die bisher in monatlicher Frequenz veröffentlichten Daten zur Herstellung von Ölprodukten (Butan, Diesel, Hiezöl und Propan) zu benden. Interfax bestätigte dies aus einer Erklärung des Energieministeriums. Wörtlich heißt es: „derartige Statistiken könnten für ungerechtfertigten Druck auf den Markt“ verwendet werden. Brent verlässt die die Handelswoche leicht im Minus (-0,17%). Auf Jahressicht hat sich sogar ein Minus von 11,07% angesammtelt.
Der Transit von russ. Gas über die Ukraine nach Europa endet am 31. Dezember 2024. Kiew plant zukünftig neben dem Gasauch den Öltransit aus Russland einzustellen. TTF Gas (+0,326 EUR/MWh (+0,83 %)) zieht am Freitag auf 39,598 EUR/MWh an.
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