elumeo: „Dank KI können wir unsere Internationalisierung beschleunigen“
Mit einem leichten Umsatzplus und einem positiven operativen Ergebnis hat die elumeo SE im ersten Halbjahr 2024 dem herausfordernden Marktumfeld getrotzt. Für die nächsten Quartale setzt das auf den elektronischen Direktvertrieb von Edelsteinschmuck spezialisierte Unternehmen große Hoffnungen auf die KI-gestützte Internationalisierung. Auf der Kostenseite sollen Einsparungen in Millionenhöhe die Marge verbessern.
Die Redaktion von 4investors.de sprach mit CEO Florian Spatz über das optimierte Marketingbudget, die „Internationalisierung 2.0“, das neue Studio in Bangkok und das Wachstumsprogramm #Juwelo100 mit einem Umsatzziel von 100 Millionen Euro bis zum Jahr 2030: „Dazu gehört auch der Einsatz von Augmented Reality und Virtual Reality – eine Technologie, von der wir glauben, dass sie den Versandhandel entscheidend verändern wird“, sagt Spatz. Warburg Research hat sein Kursziel für die elumeo-Aktie von 8,00 Euro jüngst bestätigt.
4investors.de: Herr Spatz, trotz Konjunktursorgen und den spürbar rückläufigen Online-Umsätzen im Gesamtmarkt hat elumeo im ersten Halbjahr 2024 ein leichtes Umsatzwachstum auf 22,5 Millionen Euro erzielt. Wie haben Sie es geschafft, sich dem negativen Markttrend zu entziehen?
Spatz: Als Wachstumstreiber des ersten Halbjahres hat sich einmal mehr unser Online-Geschäft erwiesen. Mit einem Umsatzanstieg von 6 Prozent auf 7,2 Millionen Euro konnte sich unser Web-Geschäft dem negativen Markttrend erfolgreich entziehen – und das trotz deutlich reduzierter Marketingkosten. Das ist ein Ergebnis unseres attraktiven Produktangebots und unserer optimierten Marketingkampagnen. Zuversichtlich stimmt uns zudem die steigende Dynamik gegen Halbjahresende, so verzeichneten wir ein starkes Juni-Geschäft mit einem Anstieg des Gesamtumsatzes um 7 Prozent.
4investors.de: Gab es im ersten Halbjahr auch spezielle Aktionen für Neukunden, wie teuer mussten Sie sich dieses Wachstum erkaufen?
Spatz: Im Gegenteil, wir haben unser Marketingbudget sehr bewusst dosiert und die gesamten Marketingausgaben im Online-Geschäft im ersten Halbjahr 2024 sogar um 16,5 Prozent senken können. Was das Thema Aktionen anbetrifft, möchte ich auf unser erfolgreiches Juwelo Jubiläums-Event im Juni hinweisen. Zum 16-jährigen Jubiläum von Juwelo hatten wir am 1. Juni erneut viele Premieren mit neuen Produkten, neuen Designs und zahlreichen Shows. Dabei haben wir mit einem Tagesumsatz von 755 TEUR nicht nur einen neuen Rekord erzielt, sondern den Vorjahreswert sogar um 90 Prozent übertroffen – dieses Event hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen.
4investors.de: Auf Halbjahressicht haben Sie das bereinigte EBITDA annähernd vervierfacht. Im zweiten Quartal war das operative Ergebnis allerdings rückläufig, woran lag dies?
Spatz: Beim Vorjahresvergleich des zweiten Quartals ist zu berücksichtigen, dass die Kostenseite im zweiten Quartal 2023 stark durch positive Sondereffekte in Höhe von 227 TEUR geprägt war, darunter das im Vorjahr aufgelegte Mitarbeiter-Aktienprogramm sowie der Erhalt von Kurzarbeitergeld. Zudem werden mehrere bereits im ersten Halbjahr 2024 umgesetzte Maßnahmen zur Kostensenkung ihre volle Wirkung erst zum Ende des laufenden Geschäftsjahres entfalten. Dazu zählen insbesondere niedrigere Personalkosten.
4investors.de: Mit welchen zusätzlich zu den reporteten Kosteneinsparungen rechnen Sie konkret?
Spatz: Wir rechnen mit einem zusätzlichen Einspareffekt in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Die bereits umgesetzten Maßnahmen sollen dazu beitragen, in einem anspruchsvollen Marktumfeld profitables Wachstum zu sichern. Zum Vergleich: Hätten alle Kostensenkungsmaßnahmen ihre volle Wirkung bereits im ersten Halbjahr 2024 entfaltet, hätten wir gegenüber den um die positiven Sondereffekte bereinigten Vertriebs- und Verwaltungskosten aus dem ersten Halbjahr 2023 eine Einsparung in Höhe von 1,5 Millionen Euro erzielt. Das volle Kostenpotenzial unseres Kostenmanagements wird ab 2025 wirken und unsere Ergebnissituation im kommenden Geschäftsjahr entscheidend verbessern.
4investors.de: Juwelo sieht sich als Preisführer im Schmuckmarkt. Wie kleinteilig ist Ihr Geschäft?
Spatz: Das ist richtig, wir punkten bei unseren Kundinnen und Kunden mit attraktiven Preisen, diese gehen jedoch nicht zu Lasten der Qualität. Dank unserer integrierten Wertschöpfungskette mit über 40 Partnerlieferanten weltweit können wir einen erheblichen Preisvorteil realisieren und eine große Produktvielfalt mit über 1.000 verschiedenen Edelsteinen anbieten. Und dass wir trotz des konjunkturellen Gegenwinds die Höhe des durchschnittlichen Warenkorbs im Web-Bereich um 4 Prozent auf 145 Euro steigern konnten, zeigt, dass dieses Angebot auch honoriert wird.
4investors.de: Viele Gesellschaften verwenden das Thema Künstliche Intelligenz als Buzz-Word. Welche Erwartungen verbinden Sie mit einem verstärkten KI-Einsatz?
Spatz: Für uns ist KI der entscheidende Katalysator für eine technologiegetriebene und kostengünstige Internationalisierung. Unser Vorteil ist, dass wir dabei auf die umfangreichen KI-Erfahrungen zurückgreifen können, die bei der Entwicklung der Video-Shopping-App jooli gesammelt wurden. Dank unserer Investitionen in unsere neue Multi-Language-Plattform sind wir in einer hervorragenden Position, unser Geschäft international zu skalieren – wir sprechen hier von unserer „Internationalisierung 2.0“. So können wir schon heute dank KI-Übersetzungen und unserem „Gamerobot“ unsere in Berlin produzierten deutschen Juwelo-Live-Shows lippensynchron in alle gewünschten Sprachen übersetzen und die Shows automatisiert international ausspielen. Auf diese Weise entfallen die Kosten eines klassischen lokalen Sendebetriebs, so dass wir hier bereits nach zwei Monaten – und damit deutlich schneller als erwartet – den Break-even erreichen konnten. Das ist ein echter Gamechanger für uns.
4investors.de: Was sind die nächsten Schritte im Rahmen Ihrer „Internationalisierung 2.0“?
Spatz: Nach der erfolgreichen Testphase sind wir bereits dazu übergegangen, die Übersetzung der Live-Shows zu automatisieren. Ab September werden wir noch mehr Haushalte in Spanien erreichen und mit der Ausstrahlung in Frankreich starten. Wir planen eine kontinuierliche Ausweitung unserer Präsenz in Westeuropa und sind zuversichtlich, die Anzahl der erreichten Haushalte bis Ende 2025 von 56 Millionen auf bis zu 80 Millionen Haushalte erhöhen zu können. Insgesamt gibt es europaweit rund 259 Millionen Haushalte, das zeigt unser mittelfristiges Wachstumspotenzial.
4investors.de: Im August haben Sie ein neues Studio in Bangkok eröffnet. Welche Strategie steckt hinter diesem Schritt?
Spatz: Mit dem neuen Studio in Bangkok können wir die Zahl unserer Produktshows deutlich erhöhen – und das bei niedrigem Risiko. Wir bieten unterhaltsame und authentische Live-Shows von einem der wichtigsten Schmuckhandelsplätze der Welt, was bereits kurzfristig zu einer Verbesserung des Gewinns pro Showminute um 8 Prozent geführt hat. Zudem können wir durch den Vertrieb auf Kommissions-Basis eine große Auswahl an Produkten anbieten, ohne Risiken in der Lagerverwaltung, da wir nur für verkaufte Artikel zahlen. Zudem entfallen Zollgebühren für nicht verkaufte Artikel, entsprechend entlastet dies auch unsere Kostenbasis.
4investors.de: Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf den weiteren Jahresverlauf?
Spatz: Unabhängig von der kurzfristigen Entwicklung des Konsumklimas sind wir überzeugt, unsere Jahresziele erreichen zu können. Insbesondere mit Blick auf die bereits gestartete Internationalisierung 2.0 sind wir zuversichtlich, auch im zweiten Halbjahr ein Umsatzwachstum realisieren und im Gesamtjahr um 4 bis 8 Prozent gegenüber 2023 wachsen zu können. Was die Ergebnisentwicklung anbetrifft, zielen wir auf eine Rohertragsmarge von 49 bis 51 Prozent ab und peilen eine überproportionale Steigerung des bereinigten EBITDA zwischen 1,5 und 3,5 Millionen Euro an. Auch hier sind wir auf einem guten Weg.
4investors.de: Das Mittelfristziel des Wachstumsprogramms #Juwelo100 sieht ein Umsatzwachstum bis 2030 auf 100 Millionen Euro vor. Dies würde mehr als einer Verdopplung gegenüber 2023 entsprechen. Wo sehen Sie dabei die größten Wachstumstreiber?
Spatz: Ein wesentlicher Treiber wird die bereits angesprochene internationale Skalierung des Bewegtbildangebots von Juwelo im europäischen und längerfristig gesehen auch außereuropäischen Markt sein. Im Rahmen von #Juwelo100 kann die Kernmarke Juwelo eine Vielzahl von Technologien nutzen, die von unserer Video-Shopping-App jooli entwickelt wurden. Dazu gehört auch der Einsatz von Augmented Reality und Virtual Reality – eine Technologie, von der wir glauben, dass sie den Versandhandel entscheidend verändern wird.