Börse am Morgen: U.a. mit Carl Zeiss Meditec, Fraport und Konjunkturdaten - Nord LB
Die deutsche Industrie hat im Juni inmitten von Rezessionssorgen das erste Auftragsplus in diesem Jahr geschafft. Die Bestellungen wuchsen wegen der anziehenden Binnennachfrage um überraschend starke 3,9% im Vergleich zum Vormonat. Ökonomen hingegen hatten nur mit einem Anstieg von 0,5% gerechnet, nachdem es zuvor 5 Rückgänge in Folge gegeben hatte. Die positive Auftragsentwicklung im Juni ist insbesondere auf den deutlichen Anstieg in der Automobilindustrie zurückzuführen. Hier gab es ein Plus von 9,3% zum Vormonat. Auch die Zuwächse im Bereich Herstellung von Metallerzeugnissen (+ 9,8%) und im Sonstigen Fahrzeugbau wie Flugzeuge, Schiffe und Züge (+11,7%) wirkten sich positiv aus. Dagegen sank die Nachfrage bei den Herstellern von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen um 7,9%.
Die Stimmung in der deutschen Chemieindustrie hat sich im Juli deutlich eingetrübt. Das Barometer für das Geschäftsklima fiel auf minus 10,5 Punkte, nach minus 4,5 Zählern im Juni. "Die Chemie befindet sich im Sog der allgemeinen konjunkturellen Abkühlung", sagte Ifo-Branchenexpertin Wolf. "Hoffnungen auf eine Wiederbelebung der Nachfrage haben sich nicht erfüllt."
Die Stimmung im deutschen Mittelstand hat sich im Juli den 3. Monat in Folge verschlechtert. Das Barometer für das Geschäftsklima sank im Vergleich zum Vormonat um 4,2 Zähler auf minus 17,7 Punkte, wie die staatliche Förderbank KfW mitteilte. Negative Indikatorwerte weisen auf eine unterdurchschnittliche Konjunkturlage hin. "Es handelt sich um mehr als eine rein erwartungsgetriebene Stimmungseintrübung, denn auch die Geschäftslage der befragten Unternehmen hat sich wieder verschlechtert", kommentierte KfW-Chefvolkswirtin Köhler-Geib die Entwicklung. Hinter dem bisher erwarteten Konjunkturaufschwung stehen nach der Trendwende bei den Unternehmensbefragungen und dem leicht gesunkenen Bruttoinlandsprodukt in Q2 nun wieder größere Fragezeichen.
Tagesausblick
Nach den wohl auch durch überraschende Konjunkturdaten ausgelösten Turbulenzen der jüngeren Vergangenheit könnte heute ein ruhigerer Tag werden, wobei die Märkte die in Deutschland gemeldeten Zahlen zum Außenhandel und zur Industrieproduktion schon im Auge behalten sollten.
Renten- und Aktienmärkte
Bei den deutschen Staatsanleihen kam gestern der Druck gleich von zwei Richtungen. Zum Einen belasteten bessere Industrie-Daten aus Deutschland, zum Anderen der stabilere Aktienmarkt.
Sorgen über eine Rezession in den USA hatten die Aktienmärkte weltweit einknicken lassen. Nach dem Einbruch des DAX um bis zu fast 1.500 Punkte in nur 3 Börsentagen ist der freie Fall zunächst beendet. Zu einer Gegenbewegung reichte es gestern aber noch nicht. Angesichts der immensen Kursverluste gerät die Saison der Quartalsbilanzen derzeit fast zur Nebensache. DAX +0,09%; MDAX +0,48%; TecDAX +0,46%.
Wall Street: Anleger decken sich wieder ein, deutliches Plus. Dow Jones +0,77%; S&P 500 +1,04%; Nasdaq Comp. +1,03%.
Unternehmen
Der Medizintechnikkonzern Carl Zeiss Meditec leidet unter einer schwachen Nachfrage in Nordamerika und China. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres sank der Umsatz um 1,5% auf 1,49 Mrd. EUR. Das operative Ergebnis (EBIT) brach um ein Drittel auf 162,7 Mio. EUR ein. Damit schrumpfte die operative Marge auf 10,9% (Vorjahr: 16,2%). Mit Q3 könne Carl Zeiss nicht zufrieden sein, sagte Vorstandschef Weber. "Eine Erholung der Märkte dürfte noch deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen als noch zu Beginn des Geschäftsjahres angenommen." Allerdings gebe es erste Anzeichen, dass sich die Lage stabilisiere.
Der Flughafenbetreiber Fraport hat den Gewinn in Q2 trotz eines verlangsamten Wachstums der Passagierzahlen am Hauptstandort Frankfurt gesteigert. Der Umsatz legte um 10,6% auf 1,15 Mrd. EUR zu, der Betriebsgewinn stieg um knapp 10% auf 354,5 Mio. EUR. Am Flughafen Frankfurt ließ das Wachstum der Fluggastzahlen von April bis Juni nach auf 4,5% von mehr als 10% in Q1. Fraport erwartet für das Gesamtjahr deshalb eine Zahl in der unteren Hälfte der Prognosespanne von 61 - 65 Mio. Reisenden. Im ersten Halbjahr waren es knapp 29 Mio. Passagiere.
Devisen und Rohstoffe
Unerwartet starke Konjunkturdaten aus Deutschland konnten dem EUR keinen Auftrieb verleihen.
Nachdem sich die Ölnotierungen im frühen Handel noch deutlich von kräftigen Verlusten der vergangenen Handelstage erholen konnten, legten sie im weiteren Verlauf kaum noch zu.
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