Ein Schnäppchen für Gewinnsteigerer - Börse München

Robert Habeck zog die Notbremse und zerschnitt Familienbande, US-Präsident Biden brach eine Auslandsreise vorzeitig ab, weil ihm sonst daheim das Geld ausgehen könnte, und die EU hebt die Wachstumsprognosen für 2023 und 2024 etwas an – Deutschland bleibt aber Schlusslicht: „Deutsche Konjunktur hinkt hinterher“, nennt es die Börsen-Zeitung. Mit Hinterherhinken hatten wir ja auch einmal mehr beim European Song Contest so unsere Erfahrungen gemacht - manchmal bietet es sich an, es mit Markus Lüpertz zu halten und sei es Tabelle, Rangliste oder Börsenkurse einfach auf den Kopf zu drehen. „Börsen zittern unsicher seitwärts“, titeln die Fuchsbriefe angesichts der angespannten Lage. Und dennoch: „Dax nähert sich seinem Rekordhoch“, konnte die Börsen-Zeitung heute melden, er schleicht sich quasi an den Sorgen vorbei.
Künstlich intelligent
Mit einem bunten Strauß an Einkaufstüten mahnt uns Focus Money: „Jetzt kaufen!“ Gerne, aber was? Nichts weniger als: „Die stärksten Branchen. Die heißesten Aktien. Die besten Fonds und ETFs“. Versprochen werden uns „90% Gewinnchance“. Aber wer gibt sich schon mit 90 Prozent Chancen zufrieden, wenn es auch 100 Prozent sein könnten? „Künstliche Intelligenz – 100% Kurschancen und mehr…“ kontert Börse Online. „Unsere Analyse, Ihr Gewinn“, heißt es weiter über die „besten KI-Aktien“. Ob der abgebildete Bulle auf dem Cover sein Erscheinungsbild künstlicher Intelligenz verdankt, entzieht sich unserer Kenntnis, künstlich genug sieht er jedenfalls aus. „Aktien mit Kurspower“ gibt es hingegen bei EURO am Sonntag – ohne dass sich das Blatt mit Prozentzahlen abzugeben scheint, denn es heißt schlicht: „Das sind die Besten“! Und weiter mit dem schönen Wort der „Gewinnsteigerer“, „Kursschnäppchen“ und „Tipps der Superprofis“. Erstere könnten zwischen Bergsteigern und Bergleuten angesiedelt sein, letztere interessierten uns verständlicherweise, bringen wir selbst es doch kaum zum Profi, geschweige denn zum „Superprofi“!
Dekadenz
Die Wirtschaftswoche dürfte mit ihrem Titelbild wenig Gefallen im Wirtschaftsministerium finden: „Die Pumpe der Nation“ steht da zu lesen, illustriert mit einer Wärmepumpe und dem weiteren Begleittext: „Wir haben uns Putins Gas ausgeliefert – und setzen jetzt alles auf die Wärmepumpe? Wie Deutschland sich erneut verpokert“. Wobei „verpokern“ als Variante von „verspielen“ oder „verzocken“ wiederum neu für uns war, aber man lernt ja gerne nie aus. Schlicht und doch gekonnt zeigt sich das Cover von Capital: Ein aus dem Logo von Louis-Vuitton gebildeter Eiffelturm: „Die Luxus-Nation. Das wertvollste Unternehmen Europas kommt aus Frankreich und produziert Champagner und Handtaschen. Was macht LVMH so erfolgreich?“ Im Heft gibt es wie üblich die Aufklärung zum Titelbild: Bernard Arnault, der CEO von LVMH und Ende 2022 der „reichste Mann der Welt“ nach Forbes, ist so wenig bekannt, dass er als Titelbild nur wenig geeignet ist. Vielleicht ist es ja ein Zeichen für die Stellung Europas: Früher waren es Eisen und Stahl, Lokomotiven und Autos, Chemie und Pharma, die weltweit gefragt waren, heute ist es Champagner und überteuerte Handtaschen – kann man Dekadenz besser veranschaulichen?
Kabine
War Stewardess oder Steward nicht über Generationen ein Traumberuf? Ständig unterwegs sein, über den Wolken schweben, die ganze Welt kennenlernen und das Ganze auch noch im schicken Outfit? Gut, zwischendurch galt es zu arbeiten, einen unhandlichen Wagen durch einen engen Gang schieben und Getränke und (immer weniger) Speisen ausliefern. Und jetzt? Gibt es eine „Harte Landung für Stewardessen“, wie Die Welt nicht ganz richtig titelt, denn es trifft nicht nur die weiblichen Kräfte im Flieger. Aus dem Traumberuf wird ein Albtraumberuf, weil das Kabinenpersonal künftig auch die Toiletten reinigen soll! Zumindest hat dies die Fluggesellschaft Scandinavian Airlines SAS so unter dem euphemistisch anmutenden Begriff „Cabin Tidy“ beschlossen, der eine ganz bestimmte „Kabine“ meint. Damit sollen nicht nur Kosten für die externe Putzkolonne vermieden, sondern auch die Standzeiten am Boden verkürzt werden. Vielleicht gibt es künftig nur noch Buffet im Flugzeug, das die Gäste sich selbst holen, damit die Flugbegleiter mehr Zeit zum Putzen bekommen und womit der Begriff „Flying Buffet“ eine ganz neue Bedeutung bekäme?
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