Wieder ein großer Zinsschritt der EZB – doch weitere müssen folgen - DWS
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat heute auf die hohen Inflationsraten mit einem erneuten großen Zinsschritt reagiert. Alle Leitzinsen wurden um 75 Basispunkte angehoben. Auch wenn eine Rezession in der Eurozone vor der Tür steht, die hohen Inflationsraten - auch in 2023 – werden weitere große Zinsschritte nötig machen, die über das neutrale Zinsniveau von etwa zwei Prozent hinausgehen müssen. Zwar vermied EZB-Präsidentin Lagarde eine Diskussion um den neutralen Zins. Angesichts der hohen Inflationsraten schloss sie aber nicht aus, dass die Notenbank den Leitzins über ein neutrales Zinsniveau anheben müsste, um das Inflationsziel der EZB letztlich wieder zu erreichen. Keine Aussagen kamen dagegen zum Ausmaß des nächsten Zinsschritts im Dezember 2022. Dies wird sicherlich entscheidend von der Tiefe des konjunkturellen Abschwungs abhängen. Es dürften aber mindestens 50 Basispunkte für alle Leitzinsen sein.
Außerdem rückt das Thema EZB-Bilanz in den Mittelpunkt, die auf rund neun Billionen Euro angeschwollen ist. Mit den veränderten Konditionen für die Langfristtender und den zusätzlichen Terminen zur vorzeitigen Rückzahlung dürfte über diesen Kanal die EZB-Bilanz in den kommenden Monaten schrumpfen. Hier ist nun der erste Schritt gemacht, der auch den größten Effekt auf die EZB-Bilanz hat, denn allein im ersten Halbjahr 2023 laufen mehr als 1000 Milliarden Euro aus diesen Langfristtendern aus. Wie man mit den Reinvestitionen im Rahmen des APP verfahren will, dürfte im Dezember entschieden werden. Hier rechnen wir mit einem langsamen Ausstieg, aber nicht mit einem aktiven Verkauf der Anleihebestände. Alles in allem nimmt die Normalisierung der Geldpolitik Fahrt auf.
Autorin: Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa
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