Beflügelnde Hoffnung - Börse München
Die deutschen Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche deutliche Gewinne verzeichnet. Vor allem in der ersten Wochenhälfte trieben sich später bestätigende Spekulationen, dass Russland seine Gaslieferungen nach Ende der Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1 wieder aufnehmen wird, die Kurse in die Höhe. Am vergangenen Donnerstag, ab dem wieder Gas floss, sorgte dann der für viele überraschend deutliche Zinsschritt der Europäischen Zentralbank (EZB) für Unruhe unter den Anlegern. Die EZB hatte zum ersten Mal seit rund elf Jahren den Leitzins wieder angehoben und zwar um 0,5 Prozentpunkte. Etliche Anleger hatten eine Erhöhung um lediglich 0,25 Prozentpunkte erwartet. Insgesamt wurde der Schritt begrüßt, da die EZB damit der Forderung vieler Marktteilnehmer nachkam, im Kampf gegen die hohe Inflation zu handeln. Zusätzliche Nervosität an den Märkten löste der Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi aus. Beobachter fürchteten neuerliche Gefahren für den Euro.
Der Dax gewann im Wochenvergleich 3,0 Prozent auf 13.253,68 Punkte. Der MDax kletterte um 4,8 Prozent auf 26.776,39 Zähler. Der TecDax stieg um 3,8 Prozent auf 3.048,78 Punkte. Der m:access All-Share legte um 3,0 Prozent auf 2.109,18 Zähler zu.
Im Dax verteuerten sich die Titel von Sartorius auf Wochensicht um 12,2 Prozent, die Anleger honorierten den anhaltenden Wachstumskurs und die bestätigte Jahresprognose des Laborausrüsters. Dagegen sackte der Kurs von HelloFresh um 16,9 Prozent ab. Für den Einbruch sorgten eine Umsatz- und Gewinnwarnung des Kochboxenlieferanten sowie die auf diese folgenden negativen Analystenkommentare. Im MDax büßten die Titel von Uniper 21,4 Prozent ein. Nach den Details zum staatlichen Einstieg zur Rettung des in Schieflage geratenen Energiekonzerns fürchteten viele Anleger eine Verwässerung des Werts ihrer Anteile, die folgende Verkaufswelle machte vorangegangene Kursgewinne zunichte.
Die Kurse an den deutschen Anleihemärkten haben in der vergangenen Woche erneut angezogen. Mit Enttäuschung aufgenommene Konjunkturdaten, die der Furcht vor einer Rezession neue Nahrung verliehen, stützten die als sicher geltenden Bundespapiere ebenso wie die Ungewissheit um die weitere politische Entwicklung in Italien. Der für viele überraschend deutliche Zinsschritt der EZB belastete die Kurse nur kurzzeitig. Die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe ging im Wochenvergleich von 1,11 auf 1,02 Prozent zurück. Die Umlaufrendite reduzierte sich leicht von 0,95 auf 0,94 Prozent.
Die US-Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche kräftig zugelegt. Am Freitag belasteten zwar Gewinnmitnahmen die Indizes, die Wochenbilanzen fielen dennoch sehr zufriedenstellend aus. So verbesserte sich der Dow-Jones-Index im Wochenvergleich um 2,0 Prozent auf 31.899,29 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500-Index gewann 2,5 Prozent auf 3.961,63 Zähler. Der technologielastige Nasdaq-100-Index sprang um 3,4 Prozent auf 12.396,47 Punkte.
Ausblick
In der aktuellen Woche könnte das Geschehen an den deutschen Aktienbörsen ähnlich nervös bleiben wie in der vergangenen Woche. Ungeachtet der wieder aufgenommenen Lieferungen durch Russland ist die Angst vor einer Gaskrise nicht gebannt, die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen belastet die Stimmung unverändert. Dies drückt wiederum auf die die Konjunkturerwartungen, wie nach Ansicht von Analysten auch das Ifo-Geschäftsklima zu Wochenbeginn zeigen dürfte. Beim GfK-Verbrauchervertrauen erwarten Beobachter ebenfalls eine Eintrübung. Als neuer Belastungsfaktor kommt zudem die Regierungskrise in Italien dazu. Die Prognosen für den Fall einer Neuwahl lassen viele Marktteilnehmer nichts Gutes für die drittgrößte Volkswirtschaft Europas erwarten.
Beim Blick auf die Ratssitzung der US-Notenbank Fed rechnet das Gros der Anleger mit keiner Überraschung. Vielmehr wird mehrheitlich von einer Zinsanhebung um 0,75 Prozentpunkte ausgegangen. Lediglich in dem Fall, dass die Fed anders entscheidet, dürfte die Sitzung größeren Einfluss auf das Marktgeschehen haben, glauben Beobachter.
Impulse dürften dagegen vom Fortgang der Berichtssaison kommen. Hierzulande legen aus dem Dax unter anderem Airbus, BASF, Mercedes-Benz, Puma und Volkswagen Zahlen vor. Letztgenannter Autobauer könnte zumindest zu Wochenbeginn auch wegen des am Wochenende mitgeteilten Führungswechsels im Fokus stehen. In den USA geben neben anderen die Tech-Konzerne Alphabet, Amazon, Apple, Meta und Microsoft Einblicke in ihre Bücher.
Aus den USA kommen zudem mit den Auftragseingängen für langlebige Güter, den persönlichen Einkommen und Ausgaben sowie dem Verbrauchervertrauen einige potenziell marktbewegende Konjunkturdaten. Zudem dürften neue Inflationszahlen aus der Eurozone die Anleger interessieren.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 25.07.: Ifo-Geschäftsklimaindex (Deutschland); Dallas Fed Herstellungsindex (USA)
Dienstag, 26.07.: US-Verbrauchervertrauen; Verkäufe neuer Häuser in den USA; S&P/Case-Shiller-Hauspreisindex (USA)
Mittwoch, 27.07.: GfK-Verbrauchervertrauen (Deutschland); Ergebnis der Ratssitzung der US-Notenbank; Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter in den USA; Schwebende Hausverkäufe in den USA; Warenhandelsbilanz der USA
Donnerstag, 28.07.: Verbraucherpreise in Deutschland; Geschäftsklima in der Eurozone; Verbrauchervertrauen in der Eurozone; Bruttoinlandsprodukt der USA; Persönliche Konsumausgaben in den USA
Freitag, 29.07.: Bruttoinlandsprodukt Deutschlands; Arbeitslosenquote in Deutschland; Importpreise in Deutschland; Bruttoinlandsprodukt der Eurozone; Verbraucherpreise in der Eurozone; Persönliche Einkommen und Ausgaben in den USA; Verbrauchervertrauen der Universität Michigan (USA), Chicagoer Einkaufsmanagerindex (USA)
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