Deutschland: ifo-Geschäftsklimaindex legt im Mai überraschend zu - VP Bank
Der ifo-Geschäftsklimaindex steigt im Mai von 91.9 auf 93. Herrscht etwa Frühlingsstimmung in der deutschen Wirtschaft? Immerhin steigt der ifo-Geschäftsklimaindex den zweiten Monat in Folge. Allerdings zeigt sich auf den zweiten Blick, dass es für die deutsche Wirtschaft bei einer Herbst- und Winterstimmung bleibt. Es ist vor allem der verbesserten Lageeinschätzung zu verdanken, dass das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer im Mai zulegt. Die Einschätzungen für den weiteren Geschäftsverlauf bleiben hingegen auf tiefen Niveau. Die aktuelle Lage hat sich vor allem aufgrund gut laufender Geschäfte im Dienstleistungssektor verbessert, dieser profitiert von Nachholeffekten. Restaurants, Hotels und Bars sind gut gefüllt. Der Freizeitsektor verzeichnet aktuell auf gute Umsätze.
Doch die Nachholeffekte im Dienstleistungssektor werden auslaufen. Die Konsumenten blicken mit Sorge auf die steigenden Lebenshaltungskosten. Der massive Fall des GfK-Konsumklimaindex spricht Bände. Die Verbraucherstimmung ist auf den tiefsten Stand aller Zeiten gefallen. Wenn Konsumenten für Lebensmittel und Energie deutlich mehr bezahlen müssen, bleibt für anderweitigen Konsum weniger übrig. Für die Umsatzerwartungen im Dienstleistungssektor sind das keine guten Vorzeichen.
Die Industrie leidet inzwischen fortgesetzt unter den fehlenden Vorprodukten und Rohstoffen. Die Lockdowns in China und der Krieg in der Ukraine haben die ohnehin schwierige Materialsituation nochmals verschärft. Es fehlt aber auch vielerorts an Personal. Beides belastet die Industrie. Die Industrieproduktion wird deshalb nicht vom Fleck kommen.
Die herumgereichten Prognosen für die deutsche Wirtschaft für das laufende Jahr sind immer noch zu hoch. Die Rezessionsgefahren sind unübersehbar. Zwar kann der Dienstleistungssektor gegenwärtig noch von Nachholeffekten profitieren, doch die gestiegenen Lebenshaltungskosten werden zu einer schwerwiegenden Bürde. Das verarbeitende Gewerbe steckt in der Mangelwirtschaft fest. Die Industrieproduktion bleibt eine Belastung für das Bruttoinlandsprodukt. Die deutsche Wirtschaft kommt über die Sommer- und Herbstmonate ins Stocken.
Autor: Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank
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