Ukraine-Krieg: Ungewissheit an den Börsen - Börse München
Düstere Woche: Die deutschen Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche ihre Abwärtsbewegung fortgesetzt und sind weiter abgesackt. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die befürchteten Folgen für die Wirtschaft ließen viele Anleger Aktien verkaufen, zu Ende der Handelswoche steigerten Berichte über einen Angriff auf ein ukrainisches Atomkraftwerk, das größte Europas, die Nervosität der Marktteilnehmer zusätzlich. Insgesamt waren zwar teils erhebliche Tagesverluste bei den wichtigen Indizes zu verzeichnen, eine allgemeine Panik an den Märkten blieb aber aus. Konjunkturdaten hatten angesichts der dramatischen Ereignisse in Osteuropa kaum einen Einfluss auf das Marktgeschehen, beim Blick auf Einzelunternehmen sorgten allerdings Zahlen für Bewegung.
Der Deutsche Aktienindex (Dax) stürzte im Wochenvergleich um 10,1 Prozent ab auf 13.094,54 Punkte. Der MDax brach um 9,3 Prozent auf 28.858,53 Zähler ein. Damit büßten beide Indizes ihre Gewinne aus dem Jahr 2021 ein und notierten unter ihrem Stand von Ende 2020. Der TecDax verlor im Wochenvergleich 4,8 Prozent auf 3.038,22 Punkte. Der m:access All-Share gab 2,6 Prozent ab auf 2.438,75 Zähler.
Größte Wochenverlierer im Dax waren die Titel der Deutschen Bank (WKN: 514000, ISIN: DE0005140008, Chart, News), bei denen es nach den deutlichen Verlusten der Vorwoche um weitere 24,5 Prozent abwärts ging. Die Anleger sorgten sich um die Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland – und hier insbesondere des Ausschlusses vieler russischer Banken aus dem Swift-System – auf die hiesigen Geldhäuser. Daneben brachen auch aufgrund der Folgen der Lieferkettenunterbrechungen Titel aus dem Automobilsektor ein, der Kurs des Zulieferers Continental sackte um 23,0 Prozent ab. Einziger Wochengewinner im Dax war Symrise mit einem Plus von 2,9 Prozent. Der Hersteller von Aromen und Duftstoffe profitierte von gut ausgefallenen Geschäftszahlen.
Die Kurse an den deutschen Anleihemärkten haben in der vergangenen Woche erheblich angezogen. In der Folge sanken die Renditen nach ihren jüngsten Anstiegen wieder in den negativen Bereich. Der Angriff auf die Ukraine und die möglichen Folgen des Krieges und der Sanktionen ließen die als sicher geltenden Bundespapiere für die Anleger attraktiver werden. Spekulationen über eine weniger schnelle Straffung der Geldpolitik der westlichen Notenbanken taten ein Übriges. Die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe fiel im Wochenvergleich von 0,23 auf -0,08 Prozent. Die Umlaufrendite ging von 0,06 auf -0,15 Prozent zurück.
Die US-Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche nachgegeben. Der Krieg in der Ukraine, die Sorge um die Folgen der Sanktionen sowie die Aussicht auf eine straffere Geldpolitik der US-Notenbank drückten auf die Stimmung der Anleger. Auf der anderen Seite kam Unterstützung durch Daten, die für eine festere Konjunkturentwicklung sprachen. Der Dow-Jones-Index gab im Wochenvergleich um 1,3 Prozent auf 33.614,80 Punkte nach. Der breiter gefasste S&P-500-Index büßte ebenfalls 1,3 Prozent ein auf 4.328,87 Zähler. Der technologielastige Nasdaq-100-Index verlor 2,5 Prozent auf 13.837,83 Punkte.
Ausblick
Der Krieg gegen die Ukraine dürfte in der aktuellen Woche auch an den deutschen Aktienbörsen das alles beherrschende Thema bleiben. Nachdem hier keinerlei Lösung in Sicht ist, müssen sich die Anleger auf weitere Ungewissheit und damit Schwankungen an den Märkten einstellen. Die Folgen der Sanktionen gegen Russland auf die westliche Wirtschaft dürften sich zudem deutlicher absehen lassen, was zu weiterer Unruhe an den Börsen führen dürfte. In Hinblick hierauf wird der EU-Gipfel von Interesse sein, auf dem über Maßnahmen zur Bewältigung der Sanktionsfolgen für die Mitgliedstaaten beraten wird.
Der Krieg dürfte auch bei der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in dieser Woche eine wichtige Rolle spielen. Dabei bleibt abzuwarten, wie die EZB mit der neuen Situation umgehen wird. Vor dem Angriff auf die Ukraine hatten sich die Signale gemehrt, dass die EZB auf die hohen Inflationsraten reagieren wird. Aufgrund der sich drastisch veränderten Weltlage könnte eine geldpolitische Straffung allerdings wieder weiter in die Ferne rücken.
Hinsichtlich der weiteren Geldpolitik der EZB sowie der US-Notenbank könnten zudem noch Preisdaten von dies- wie jenseits des Atlantiks von Interesse sein. Von Seiten der Konjunkturdaten kommt lediglich eine übersichtliche Anzahl von Veröffentlichungen, die in der gegenwärtigen Lage allerdings wohl eher ohne nachhaltigen Einfluss auf das Marktgesehen bleiben dürften.
Anders sieht das bei Unternehmenszahlen aus, hier hatte sich zuletzt gezeigt, dass diese die jeweiligen Werte vom allgemeinen Trend zumindest teilweise entkoppeln können. In der aktuellen Woche legen dabei unter anderem die Dax-Werte Adidas, Brenntag, Continental, Daimler und Deutsche Post Berichte vor. Auch aus der zweiten und dritten Börsenreihe veröffentlichen etliche Unternehmen ihre Zahlen, darunter der künftige Dax-Aufsteiger Hannover Rück.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 07.03.: Einzelhandelsumsätze in Deutschland; Werkaufträge in Deutschland; Verbraucherkredite in den USA; Handelsbilanz Chinas
Dienstag, 08.03.: Industrieproduktion in Deutschland; Bruttoinlandsprodukt der Eurozone
Mittwoch, 09.03.: Handelsbilanz Deutschlands; Verbraucherpreise in China
Donnerstag, 10.03.: Ergebnis der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank; Verbraucherpreise in den USA
Freitag, 11.03.: Verbraucherpreise in Deutschland; Verbrauchervertrauen der Universität Michigan (USA)
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!