FORTEC Elektronik: „Unsere Strategie macht sich bezahlt“
Nach einer Ergebnisverdopplung im ersten Halbjahr 2021/22 hat FORTEC Elektronik die Jahresziele angehoben. Bei einem Umsatzplus von bis zu 15 Prozent peilen die Oberbayern nun ein EBIT-Wachstum von bis zu 20 Prozent an. Der Auftragsbestand erreichte einen Rekordwert von 73,7 Millionen Euro nach 48,6 Millionen Euro im Vorjahr. Im Interview mit der Redaktion von www.4investors.de sprechen die Vorstandsvorsitzende Sandra Maile und COO Bernhard Staller über die Gründe für den Gewinnsprung und den konservativen Ausblick auf das zweite Halbjahr sowie die „außergewöhnliche Dividendenpolitik“.
www.4investors.de: Frau Maile, nach 5 Prozent Wachstum im ersten Quartal weist FORTEC Elektronik nach sechs Monaten im Geschäftsjahr 2021/22 ein Plus von 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. Welcher der drei Bereiche Display Technology, Embedded Systems und Power Supplies hat im zweiten Quartal besondere Dynamik gezeigt?
Maile: Alle drei Produktbereiche haben sich im ersten Halbjahr gut entwickelt, wobei insbesondere das zweite Quartal unsere Erwartungen übertroffen hat. Im Segment der Datenvisualisierung hat sich der Produktbereich Display Technology besonders dynamisch entwickelt – und das trotz unverändert angespannter Lieferketten.
www.4investors.de: Herr Staller, gab es regionale Unterschiede bei der operativen Entwicklung im ersten Halbjahr? Wie hat sich das Auslandsgeschäft und hier insbesondere das US-Geschäft entwickelt?
Staller: Das kontinentale Europageschäft über die Distec GmbH entwickelte sich dank eines starken digitalen Vertriebs sehr erfreulich. Dies gilt auch für unsere US-Aktivitäten, die trotz hoher Inflation und Personalengpässen ein sehr dynamisches erstes Halbjahr zeigten. Unsere UK-Aktivitäten liegen nahezu im Plan.
www.4investors.de: Das zweistellige Umsatzwachstum hat sich positiv auf die Ergebnisentwicklung ausgewirkt. Die Verdopplung des Konzern-EBIT auf 4 Millionen Euro hat die EBIT-Marge in Richtung der 10-Prozent-Marke springen lassen. Wie ist es Ihnen gelungen, gestiegene Produkt- und Frachtkosten so schnell an Ihre Kunden weiterzugeben? Und welche weiteren Ergebnistreiber gab es?
Maile: Eine intensive Kundenkommunikation und Partnerschaft hat es uns erlaubt, diese gestiegenen Kosten größtenteils durchzureichen. Zudem haben es eine intelligente Lagerpolitik und ein höherwertiger Produktmix im Segment Power Supplies ermöglicht, eine höhere Durchschnittsmarge zu generieren. Im Bereich Display Technology & Embedded ist die Basis dieser dynamischen Entwicklung die seit Jahren forcierte Strategie hin zu höherer Produktkomplexität im Subsystem-Bereich und ein breiterer Mix an Endprodukten. Diese macht sich jetzt bezahlt.
www.4investors.de: Sie haben die Ergebnisprognose für das Gesamtjahr angepasst und stellen jetzt für das Geschäftsjahr 2021/22 ein EBIT-Wachstum von bis zu 20 Prozent in Aussicht. Nach der Verdopplung im ersten Halbjahr scheint allerdings auch diese Prognose eher konservativ. Ist das im Wesentlichen den nach wie vor angespannten Lieferketten und der damit verbundenen eingeschränkten Planungssicherheit geschuldet oder erwarten Sie weitere Ergebnisbelastungen im dritten und vierten Quartal?
Maile: Leider hat sich die Situation im Bereich der Lieferketten bisher in keiner Weise entspannt – eher im Gegenteil. Hier müssen wir noch immer mit großen Unsicherheiten leben. Darüber hinaus planen wir im zweiten Halbjahr aufgrund allgemeiner Anpassungen mit höheren Personalkosten und gehen auch davon aus, dass aufgrund der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt Neubesetzungen teurer werden. Vor diesem Hintergrund haben wir uns für eine eher konservative Ergebniszielgröße entschieden.
www.4investors.de: FORTEC möchte sich verstärkt als Lösungsanbieter positionieren. Wie weit sind Sie bei der Umsetzung dieser Strategie schon vorangekommen und was sind die nächsten Schritte?
Staller: Dieser Prozess wurde im Bereich Power Supplies angestoßen und zeigt erste positive Ergebnisse im Ausbau eines höheren Solution Levels und somit auch in einer positiven Margenentwicklung. Im Bereich Display Technology & Embedded Computers wird diese Strategie der höheren Komplexität mit großem Erfolg seit Jahren entwickelt. Als nächste Stufe hin zum Lösungsanbieter sind wir jetzt auch im Bereich „Content-Management“ mit unserer eigenen Software aushang.online und in Kombination mit unseren zertifizierten Monitoren in den Markt eingestiegen.
www.4investors.de: Der Auftragsbestand hat einen Rekordwert von 73,7 Millionen Euro erreicht, verglichen mit 48,6 Millionen Euro vor einem Jahr. Ist das jetzt die Spitze oder erwarten Sie eine Fortsetzung der starken Ordereingänge?
Staller: Dieser enorme Zuwachs an Backlog ist eine Korrektur der Situation, die in den Jahren vor der Corona-Pandemie vorherrschte: „Alles verfügbar und das in kurzer Zeit!“ Dies wurde dann über die Marktrealität mit längerfristigen Rahmenverträgen kompensiert. Der weitere Zuwachs an Backlog dürfte jetzt über neue Produkte, zusätzliche Projekte und Neukunden stattfinden.
www.4investors.de: Für das Geschäftsjahr 2022/23 haben Sie ein Umsatzziel von 100 Millionen Euro ausgegeben. Dafür wollen Sie auch in der Größenordnung von 5 Millionen Euro bis 7 Millionen Euro Umsatz hinzukaufen. Welche Kriterien muss ein potenzielles M&A-Target erfüllen?
Maile: Das Target muss uns einen technologischen Mehrwert und entsprechende Synergien oder eine regionale Erweiterung bieten. Ein Zuwachs an reiner Distribution in Deutschland steht nicht auf unserer Agenda.
www.4investors.de: Sehen Sie aufgrund der positiven Ergebnisentwicklung im laufenden Geschäftsjahr auch Spielraum für eine Dividendenerhöhung im kommenden Jahr oder hat die Finanzierung der geplanten Akquisition(en) Vorrang?
Maile: Unser Ziel ist die Schaffung eines langfristig stabilen Mehrwerts für unsere Aktionäre. Wir stehen deshalb für eine stabile und verlässliche Dividendenpolitik, die wir auch in Zukunft aufrechterhalten wollen und die in dieser Form bei den aktuellen Rahmenbedingungen mit Stolz als außergewöhnlich bezeichnet werden darf.
Eine strategisch passende Akquisition kann ebenfalls einen Mehrwert für unsere Aktionäre bieten. Im Moment haben wir jedoch ein gutes finanzielles Polster für mögliche Akquisitionen.
www.4investors.de: Sie gehören zu den wenigen weiblichen CEOs, die ein börsennotiertes Unternehmen in Deutschland leiten. Warum ist dies nach wie vor die Ausnahme und was muss sich Ihrer Ansicht nach tun, damit sich dies mittelfristig ändert?
Maile: Ich hatte das unglaubliche Glück, dass ich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirklich erleben durfte, weil meine Kinder ab ihrem ersten Lebensjahr bis zum Eintritt in die weiterführende Schule in einer kirchlichen Kindertagesstätte liebevoll betreut waren. Karriere mit Kindern oder Kinder mit Karriere erfordert ein gutes Betreuungsangebot, den richtigen Partner oder familiäre Unterstützung und eine Portion Selbstbewusstsein. Man muss es wollen, den Mut haben und auch bereit sein, Prioritäten zu setzen. Und das kann manchmal schmerzhaft sein.
Unsere Branche ist stark männlich geprägt, dennoch habe ich überwiegend eine sehr offene Unternehmenskultur erlebt. Ich bin beispielsweise einem Vorstandsvorsitzenden gefolgt, der bereits vor 30 Jahren immer freitags seine drei Töchter betreut hat.
www.4investors.de: Welche Schlagzeile würden Sie gerne in fünf Jahren über FORTEC lesen?
Maile: Dass sich die FORTEC Elektronik AG unter meiner Führung mit hohem Digitalisierungsgrad, erfolgreichen Strategien und synergetischen Akquisitionen in den vergangenen Jahren zu einem ertragsstarken Technologie-Unternehmen entwickelt hat und sich diese Entwicklung auch im Aktienkurs widerspiegelt.
Die passende Schlagzeile dazu überlasse ich gerne Ihnen!