ZEW-Umfrage: Finanzmarktexperten bleiben vorsichtig optimistisch - Nord LB
Heute Vormittag hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) aktuelle Ergebnisse seiner monatlichen Konjunkturumfrage veröffentlicht. Im Februar sind demnach die Konjunkturerwartungen der Finanzmarktexperten auf 54,3 Saldenpunkte geklettert. Dies entspricht weitgehend dem, was die zuvor befragten Analysten für die Erwartungskomponente prognostiziert hatten.
Als ein weiterer kleiner Lichtblick ist zu werten, dass die aktuelle gesamtwirtschaftliche Situation im Februar nach vier Rückgängen in Folge erstmals wieder etwas besser als im Vormonat bewertet wird. Die Lagekomponente verharrt mit -8,1 Saldenpunkten jedoch vorerst noch im negativen Bereich. Für das später im Monat zur Veröffentlichung anstehende ifo-Geschäftsklima sind die Vorgaben damit insgesamt leicht positiv.
Angesichts des im Februar offenbar erreichten Scheitelpunkts der Omikron-Welle und der entsprechend noch fortwirkenden Einschränkungen der gesamtwirtschaftlichen Aktivität stellt die noch vorsichtige Lagebeurteilung der Finanzmarktexperten jedoch keine Überraschung dar. Mit den inzwischen von der Politik für den März avisierten Öffnungsschritten und der klimatisch günstigeren Situation ab dem Frühjahr ist in den kommenden Monaten ein deutlicherer Anstieg der Lagekomponente zu erwarten – sofern neue Belastungsfaktoren ausbleiben bzw. bestehende Risiken sich nicht materialisieren.
Auf kurze Sicht geht das größte Risiko für die deutsche Konjunktur und die Stimmung an den Finanzmärkten sicher von dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine aus. Ein Scheitern der diplomatischen Bemühungen zur Konfliktlösung und eine militärische Eskalation würden massive Gegenmaßnahmen des Westens nach sich ziehen und das Verhältnis zu Russland auch mittelfristig schwer belasten. Einen Vorgeschmack auf mögliche Auswirkungen für die Finanzmärkte hatte der Einbruch des deutschen Aktienmarkts zum Start der Woche gegeben.
Abseits der geopolitischen Spannungen bleiben die Inflationsentwicklung und die erwartete Reaktion der Notenbanken auf das durchaus herausfordernde gesamtwirtschaftliche Umfeld im Fokus der Finanzmarktexperten. Nachdem die Inflationsdaten im Januar sowohl in den USA (7,5% Y/Y) als auch in der Eurozone (5,1% Y/Y) erneut überrascht hatten, signalisieren die Notenbanken immer klarer eine weniger expansive Geldpolitik. Zwar rechnet weiterhin eine Mehrheit der Befragten mit einem Rückgang der Inflationsrate auf Sicht von sechs Monaten. Allerdings ist der Inflationsdruck 2022 höher als noch vor kurzem erwartet.
Dies wird sich auch in den im März aktualisierten Inflationsprojektionen der EZB klar niederschlagen, was die Grundlage für eine Neubewertung der geldpolitischen Ausrichtung sein wird. Nach dem Ende des PEPP rückt auch ein baldiger Ausstieg aus dem APP in den Fokus. An den Märkten ist eine frühere Zinswende bereits eingepreist worden, und auch bei den vom ZEW befragten Finanzmarktexperten rechnet nun eine Mehrheit (50,3 Saldenpunkte) mit steigenden Zinsen.
Fazit: Die vom ZEW monatlich befragten Finanzmarktteilnehmer bleiben auch im Februar vorsichtig optimistisch – trotz vielfältiger Risikofaktoren. Sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen für die Entwicklung in sechs Monaten werden etwas besser als im Vormonat eingeschätzt. Größtes Risiko für Konjunktur und Märkte ist sicher eine Eskalation des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine. Aber auch das Thema Inflation lässt die Marktteilnehmer nicht los. Zwar setzt eine Mehrheit weiter auf einen Rückgang der Inflationsraten im Jahresverlauf, die Umfrageteilnehmer rechnen aber klar – auch für die Eurozone – auf Sicht von sechs Monaten mit einem Anstieg der kurzfristigen Zinsen. Den Start der EZB-Zinswende terminieren die Finanzmarktexperten so bereits für das laufende Jahr.
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