Deutschland: Bundesanleihe wieder mit positiver Rendite - VP Bank
Es ist mittlerweile schon einige Zeit her, dass die Rendite einer 10-jährigen Bundesanleihe im positiven Bereich lag. Dies ist von besonderer Relevanz, fungiert doch die 10-jährige deutsche Bundesanleihe als wichtigste Messlatte innerhalb der Eurozone. Es ist die Benchmark-Rendite. Aktuell sind es etwas mehr als null Prozent. Private Hausbauer müssen für eine Anschlussfinanzierung oder auch für einen Neukredit, verglichen mit den vergangenen Monaten, nun etwas tiefer in die Tasche greifen.
Zuletzt standen positive Renditenotierungen in den Frühjahrsmonaten 2019 auf den Kurstafeln. Da die EZB allerdings noch keine Signale einer baldigen Zinserhöhung sendet, ist der Renditeanstieg eine Sache länger laufender Staatstitel. Die kurzfristigen Zinsen bleiben aufgrund des EZB-Kurses tief, während es im länger laufenden Zinsbereich nach oben geht. Die Zinskurve wird also steiler, was grundsätzlich positiv zu werten ist. Das Signal dahinter: Die Marktteilnehmer setzen auf eine wirtschaftliche Belebung, die auch die EZB langfristig zur Zinserhöhung zwingen wird. Auslöser der jüngsten durchaus markanten Renditebewegung am langen Ende der Zinskurve war aber konkret der Renditeanstieg jenseits des Atlantiks. 10-jährige US-Staatstitel sind der Gradmesser für das globale Renditeniveau. Letztere zogen unlängst merklich an. Wobei vor allem 2-jährige US-Staatstitel merklich verloren, was in diesem Laufzeitensegment die Renditen besonders deutlich nach oben trieb. 2-jährige US-Treasuries weisen mittlerweile eine Rendite von knapp 1.06 % aus.
Doch da europäische Staatsanleihen jüngst vor allem von der US-Seite getrieben wurden, sollte der jüngste Zinsanstieg nicht für die nähere Zukunft fortgeschrieben werden. In den USA ist jetzt bereits einiges an Zinserhöhung eingepreist. Die Rendite eines 2-jährigen US-Staatstitels reflektiert rund vier Zinserhöhungen. Im Bereich 10-jähriger Treasuries haben spekulative Investoren Terminverkäufe in erheblichem Ausmass abgeschlossen. In der Vergangenheit war dies ein verlässliches Signal dafür, dass es genau andersherum kommt.
Gegen einen weiteren kurzfristigen deutlichen Zinsanstieg spricht auch, dass der Future-Kontrakt auf die 10-jährige US-Staatsanleihe, der T-Note-Future, eklatante Abweichungen zur 200-Tagelinie ausweist. Sollte es also in den kommenden Wochen auf der anderen Seite des Atlantiks wieder in den Rendite-Rückwärtsgang gehen, hätte dies auch Auswirkungen auf die europäischen Pendants. Und noch etwas sollte bedacht werden: Je aggressiver die US-Notenbank gegen Inflationsgefahren vorgeht, desto mehr setzen die Marktteilnehmer auf eine globale wirtschaftliche Abkühlung. Letzteres steht ebenfalls einem merklich höheren Renditeniveau am langen Ende der Zinskurve entgegen.
Autor: Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank