Inflationsdaten im Fokus: Spekulationen über die Geldpolitik - Börse München
Gemischter Jahresauftakt: Die deutschen Aktienmärkte haben die vergangene, erste Handelswoche des Jahres uneinheitlich beschlossen. Dabei hielt der Jahresstart ein Wechselbad der Gefühle für die Anleger breit. Nachdem in der ersten Wochenhälfte nachlassende Sorgen in Bezug auf die Folgen der aktuellen Corona-Welle vor allem Standardwerte angetrieben und den Deutschen Aktienindex (Dax) nahe an seinen bisherigen Rekordstand hatten steigen lassen, verdarben ab Donnerstag Zinsängste die Stimmung an den Märkten. Zuerst deutete das Protokoll der vergangenen Ratssitzung der US-Notenbank Fed auf eine raschere und deutlichere Straffung der US-Geldpolitik als zuletzt erwartet, danach untermauerten die US-Arbeitsmarktdaten diese Sichtweise. In den USA waren die Löhne kräftiger gestiegen als prognostiziert und die Arbeitslosigkeit weiter gesunken. In Verbindung mit den aktuell sehr hohen Inflationsraten könnte dies die Fed zu rascherem Handeln bewegen, so die Spekulation vieler Investoren.
Der Deutsche Aktienindex (Dax) verbesserte sich im Wochenvergleich immerhin um 0,4 Prozent auf 15.947,74 Punkte. Der MDax dagegen sank um 0,4 Prozent auf 34.975,84 Zähler. Der TecDax sackte um 5,4 Prozent ab auf 3.708,17 Punkte. Nach Ansicht vieler Marktteilnehmer dürften Technologiewerte besonders unter höheren Finanzierungskosten leiden, zudem hatten hier schon in der ersten Wochenhälfte Gewinnmitnahmen belastet. Der m:access All-Share gewann im Wochenvergleich 1,4 Prozent auf 2.644,42 Zähler.
Zu verdanken hatte der Dax sein Wochenplus in hohem Maße den kräftigen Kurszuwächse bei Automobilwerten. So legten die Titel von Daimler auf Wochensicht um 8,7 Prozent zu, die von BMW um 8,0 Prozent und die von VW um 6,4 Prozent. Der Kurs der Volkswagen-Dachholding Porsche kletterte sogar um 9,5 Prozent. Etliche Anleger sehen bei Automobilwerten derzeit das größte Aufholpotenzial, bei Daimler trieb zudem die Präsentation eines Elektro-Konzeptautos. Noch stärker als Automobiltitel, nämlich um insgesamt 11,9 Prozent, stieg in der vergangenen Woche der Kurs der Deutschen Bank, hier beflügelten die Erwartungen steigender Zinsen.
Die Kurse an den deutschen Anleihemärkten sind in der vergangenen Woche weiter merklich gesunken. Einerseits belasteten nachlassende Befürchtungen in Bezug auf die wirtschaftlichen Folgen der Omikron-Corona-Welle, andererseits die Spekulationen über eine deutlichere geldpolitische Straffung in den USA. Auch die spürbaren Kursverluste am US-Anleihemarkt wirkten sich negativ auf die Notierungen der Bundespapiere aus. In der Folge zog die Rendite der marktbestimmenden zehnjährigen Bundesanleihe im Wochenvergleich von -0,18 auf -0,05 Prozent an. Die Umlaufrendite stieg von -0,28 auf -0,20 Prozent.
Die US-Aktienbörsen haben die erste Handelswoche des Jahres mit Verlusten beendet. Die Befürchtungen einer strafferen Geldpolitik überwogen hier die Hoffnungen in Bezug auf die konjunkturelle Entwicklung. Der Dow-Jones-Index büßte im Wochenvergleich 0,3 Prozent auf 36.231,66 Punkte ein. Der breiter gefasste S&P-500-Index gab um 1,9 Prozent nach auf 4.677,03 Zähler. Der technologielastige Nasdaq-100-Index fiel um 4,5 Prozent auf 15.592,19 Punkte. Wie auch hierzulande fürchteten die Anleger, dass anziehende Zinsen die Wachstumswerte besonders bremsen könnten.
Ausblick
Trotz der gemischten Bilanz der ersten Handelswoche des Jahres sehen Beobachter den grundsätzlichen Aufwärtstrend an den Aktienbörsen nicht gefährdet. Die Rücksetzer in der zweiten Hälfte der vergangenen Woche seien nach den jüngsten deutlichen Kursgewinnen zu erwarten gewesen, heißt es. Wohin es in den kommenden Tagen an den deutschen Aktienbörsen konkret geht, dürfte einerseits von den Corona-Nachrichten abhängen. Sollte es hier keine Negativüberraschungen in Bezug auf die Omikron-Variante geben, könnte das Thema allen Diskussionen über neuerliche Einschränkungen zum Trotz ohne größere zusätzliche Belastung für die Märkte bleiben.
Daneben bleiben die Spekulationen über die weitere Geldpolitik wichtiger Einflussfaktor. In diesem Zusammenhang dürften die Marktteilnehmer genau auf die anstehenden Inflationszahlen aus den USA blicken. Sollten diese aus Sicht der Märkte den Handlungsdruck auf die US-Notenbank erhöhen, könnte das die Stimmung an den Börsen in Mitleidenschaft ziehen. Davon abgesehen stehen von Seiten der Konjunkturdaten nur wenige potenziell marktbewegende Veröffentlichungen an, die wichtigste dürften die Einzelhandelsumsätze in den USA sein.
Dagegen dürften Unternehmensnachrichten wieder für Impulse sorgen. In den USA veröffentlichen zu Ende der Woche die Großbanken Citigroup, JPMorgan Chase und Wells Fargo ihre Geschäftszahlen und läuten damit die Berichtssaison ein. Hierzulande stehen aus der ersten Börsenreihe offiziell noch keine Veröffentlichungen an, allerdings spekulieren einige Beobachter, dass SAP in Kürze schon erste Eckdaten zu seiner Geschäftstätigkeit vorlegen könnte. Angekündigt ist das vorläufige Ergebnis des Softwarekonzerns für den 27. Januar.
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 10.01.: Arbeitslosenzahlen für die Eurozone
Mittwoch, 12.01.: Industrieproduktion in der Eurozone; Verbraucherpreise in den USA; Verbraucherpreise in China
Donnerstag, 13.01.: Erzeugerpreise in den USA; Handelsbilanz Chinas
Freitag, 14.01.: Reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland; Handelsbilanz der Eurozone; Einzelhandelsumsätze in den USA; Verbrauchervertrauen der Universität Michigan (USA); Industrieproduktion in den USA, Import- und Exportpreise in den USA