Eurozone: Inflationsrate erreicht Gipfel - VP Bank
In der Eurozone liegt im November die Inflation nach einer vorläufigen Schätzung bei 4.9 %. Im Oktober waren es noch 4.1 %. Der Anstieg im November liegt deutlich über den Erwartungen. Die Inflationsrate scheint derzeit nur den Weg nach oben zu kennen. Sie klettert im November von ohnehin hohem Niveau kommend noch weiter nach oben – und zwar mit einem guten Schuss an Dynamik.
Die im Vergleich zum Vorjahr deutlich höheren Energiepreise treiben den Konsumentenpreisindex weiter. Aber auch ohne die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise (Kerninflationsrate) legt die Inflationsrate von 2 % auf 2.6 % nochmals gewaltig zu. Die fehlenden Rohstoffe und Vorprodukte schlagen sich also mittlerweile auch auf Konsumentenpreisebene deutlicher nieder.
Die Inflationsrate sollte im November das vorläufige Hoch erreicht haben. In den kommenden Monaten, insbesondere im ersten Halbjahr 2022, sollte die Teuerung merklich fallen. Bislang zeichnen sich auch keine Zweitrundeneffekte ab.
In der Eurozone sind nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) die Tariflöhne im dritten Quartal 2021 so schwach gestiegen wie noch nie seit Gründung des gemeinsamen Währungsraumes. Die gesamten Nominallöhne gingen sogar im Jahresvergleich zurück. Damit fehlt es an nötiger Substanz für eine Lohn-Preis-Spirale im kommenden Jahr.
Unserer Kalkulation zufolge dürfte die Inflationsrate für die Eurozone bereits zur Jahresmitte 2022 wieder im Bereich der 2 % liegen. Im zweiten Halbjahr 2022 wäre wir dann wieder zurück im altbekannten Terrain von unter 2 %.
Gerade weil der Inflationsausblick bislang keine Gefahr für einen nachhaltigen Inflationsanstieg erkennen lässt, wird die EZB eine ruhige Hand bewahren müssen. Darüber hinaus birgt die neue Virus-Variante Omikron auch erhebliche wirtschaftliche Risiken.
In den USA hat US-Notenbankchef Jerome Powell wieder einen behutsameren Wortlaut angeschlagen. Aus Kreisen der Fed war zuletzt zu hören, dass man über einen rascheren Ausstieg aus den Wertpapierkäufen nachdenke. In Anbetracht der Omikron-Variante dürfte dies wohl vom Tisch sein. Dies zeigt einmal mehr, dass Notenbanken in Pandemie-Zeiten, die mit Überraschungen gespickt sind, auch Gefahr laufen können, Fehler zu begehen.
Autor: Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank