Deutschland: Auftragseingänge im September steigen - VP Bank
Die deutsche Industrie verbuchte im September 1.3% mehr Aufträge als im Vormonat. So sehr wir uns über den positiven Zuwachs freuen, so tief sitzt noch der Stachel des gewaltigen Rückgangs im Vormonat.
Im August war ein Minus von 8.8 % gegenüber Juli verzeichnet worden, noch mehr als die vorläufigen Zahlen gezeigt hatten (-7.7 %). Die Auftragsbilanz von August und September bleibt also negativ. Der Materialmangel lastet auf den Neubestellungen.
Vom Plus im September sollte nicht auf die Folgemonate geschlossen werden. Der Auftragseingang bleibt auch in den kommenden Monaten vom allgegenwärtigen Materialmangel geprägt. Sind Rohstoffe und Vorprodukte nicht verfügbar, verzichtet so manches Unternehmen auf eine Bestellung.
Aber auch die hohen Preise vieler Produkte schrecken vor Neubestellungen ab. Dies betraf in den vergangenen Monaten vor allem den Automobilsektor. Sind Autos nicht oder nicht in der gewünschten Ausführung lieferbar, wird gewartet oder auf einen Gebrauchtwagen ausgewichen.
Im Oktober wurden in Deutschland knapp 35 % weniger Autos neu zugelassen gegenüber dem Vorjahr. Dies etwa nicht, weil die Konsumenten weniger Lust auf ein neues Auto hätten, dies ist alleine dem Materialmangel geschuldet. Der Einbruch der KFZ-Neuzulassungen zeigt, wie dramatisch mittlerweile die Situation ist.
Es mag paradox klingen, aber die Ausgangssituation bleibt trotz aktueller Schwierigkeiten günstig. Der Auftragsbestand bleibt trotz des Rückgangs des Vormonats auf Rekordhöhe. Er ist seit Juni 2020 kontinuierlich gestiegen und erreichte im August 2021 seinen höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Januar 2015. Die Reichweite der Aufträge lag zuletzt bei 7.3 Monaten. Die Produktion ist damit bis in das kommende Jahr hinein gesichert – theoretisch. In der Praxis kann aufgrund des Materialmangels der gute Bestand nicht in entsprechende Umsätze umgewandelt werden.
Der Auftragsbestand hat sich in den vergangenen Monaten besser entwickelt als die Umsätze. Auch unter Berücksichtigung des deutlichen Rückgangs der Bestellungen im Vormonat, blieben die Umsätze hinter dem Auftragsbestand zurück. So voll also die Auftragsbücher sind, in den Unternehmensbilanzen wird sich dies vorerst nicht in Gänze bemerkbar machen.
Die Situation wird wohl noch längere Zeit paradox bleiben. Die Industrie hat eigentlich genügend Aufträge um die Produktion auf Hochtouren laufen zu lassen, doch in Anbetracht fehlender Teile tröpfelt der Ausstoss lediglich vor sich hin.
Autor: Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank