ifo Geschäftsklima: Unternehmen rechnen mit länger anhaltenden Belastungen - Nord LB
Heute Vormittag hat das Münchner ifo-Institut aktuelle Ergebnisse seiner Konjunkturumfrage unter rund 9.000 deutschen Unternehmen veröffentlicht. Im Berichtsmonat Oktober hat sich die seit vier Monaten anhaltende Stimmungseintrübung in der deutschen Wirtschaft fortgesetzt. Das ifo-Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft reduzierte sich auf nur noch 97,7 Punkte. Die meisten zuvor befragten Analysten und Volkswirte hatten mit einem erneuten Rücksetzer in dieser Größenordnung gerechnet.
Wie schon im September wurden sowohl die aktuelle Lage als auch die Geschäftserwartungen schlechter als im Vormonat eingeschätzt. Bei den Geschäftserwartungen ging es im Oktober sogar wieder beschleunigt abwärts. Mit nur noch 95,4 Punkten wird hier der tiefste Stand seit Februar markiert. Zwar liegt der Wert noch immer über dem Vorkrisenniveau, mit einem weiteren Rückgang in der Größenordnung des laufenden Monats würde diese Marke jedoch erreicht.
Schon fast überraschend robust präsentiert sich im Oktober die Lagekomponente. Zwar schätzten die Unternehmen die aktuelle Situation etwas weniger positiv als im Vormonat ein, ein ausgeprägter Rückgang blieb jedoch aus. Die zugehörige ifo-Zeitreihe verringerte sich nur leicht auf 100,1 Punkte und verharrt damit weiterhin oberhalb des Vorkrisenniveaus. Die Vorgaben unter anderem von den Umfragen von sentix und ZEW hatten hier durchaus eine schlechtere Entwicklung angedeutet.
Die anhaltenden Liefer- und Materialengpässe bleiben die Achillesferse für die deutsche Industrie und die gesamte konjunkturelle Entwicklung. Inzwischen mehren sich auch Hinweise darauf, dass die seit Monaten anhaltende Knappheitssituation in der Industrie nun auf weitere Wirtschaftsbereiche überzuspringen droht. So wird auch im Einzelhandel mit Blick auf das wichtige Weihnachtsgeschäft bei immer mehr Gütern eine Knappheit befürchtet, die zumindest deutlich längere Lieferzeiten oder Preiserhöhungen zur Folge haben dürften.
Entsprechend beschränkt sich die Stimmungseintrübung, anders als im Vormonat, nicht mehr nur auf das Verarbeitende Gewerbe. Mit Ausnahme des Bauhauptgewerbes kühlte sich die Wirtschaftsstimmung in allen Bereichen ab. Derzeit hegen offenbar nur noch wenige Unternehmen Hoffnung auf eine schnelle Lösung der Probleme in der deutschen Wirtschaft. Neben Knappheiten sehen sich die Unternehmen auch Belastungen durch den kräftigen Energiepreisschub gegenüber.
Die Corona-Infektionszahlen, die zuletzt in der Wahrnehmung etwas in den Hintergrund getreten waren, scheinen zudem wieder stärker anzusteigen. Zwar ist wegen der Impfungen die Lage nicht vergleichbar mit den Entwicklungen vor einem Jahr. Sollte sich der Trend jedoch weiter fortsetzen, wären erneute negative Auswirkungen auf das Verbrauchervertrauen in den kommenden Wintermonaten nicht auszuschließen. Im EZB-Rat werden vor allem die Tauben auf die zunehmenden Abwärtsrisiken für die Konjunktur hinweisen, was angesichts der zugleich erhöhten Inflationsrisiken zu Kontroversen mit dem Falkenlager führen dürfte. Im Ergebnis wird im Dezember nur ein vorsichtiger und langsamer Ausstieg aus dem PEPP im Laufe des Jahres 2022 mehrheitsfähig sein.
Fazit: Die Stimmung in den deutschen Unternehmen hat sich auch im Oktober weiter verschlechtert. Der ifo-Geschäftsklimaindex ging auf 97,7 Punkte zurück. Vor allem die Geschäftserwartungen wurden deutlich nach unten korrigiert. Immer mehr Unternehmen scheinen sich auf längere Belastungen durch Knappheiten einzustellen oder fürchten gar ein Übergreifen auf weitere Wirtschaftsbereiche wie den Handel. Mit dem zusätzlichen Energiepreisschub erhöhen sich die Konjunktur- und Inflationsrisiken weiter. Im EZB-Rat sind kontroverse Debatten wahrscheinlich, das Taubenlager – strukturell in der Mehrheit – dürfte sich jedoch bei den für Dezember angekündigten Beschlüssen zum PEPP durchsetzen.