Türkische Notenbank senkt überraschend den Leitzins - Commerzbank
Nun ist das passiert, wovor nicht wenige Analysten gewarnt haben: Die türkische Notenbank hat gestern überraschend den Leitzins von 19 auf 18 Prozent gesenkt. Daraufhin fiel die türkische Lira gegenüber dem US-Dollar auf ein Rekordtief. Für einen US-Dollar mussten in der Spitze 8,8017 Lira gezahlt werden. Ähnlich hohe Niveaus hatte es in diesem Jahr schon vier Mal im Juni gegeben. Die Inflation war im August 2021 auf Jahresbasis auf 19,25 Prozent gestiegen. Preistreiber sind vor allem die Segmente Lebensmittel und Energie. Präsident Erdogan hatte entgegen der ökonomischen Logik immer wieder für Leitzinssenkungen plädiert und drei Notenbank-Gouverneure hintereinander entlassen. Die türkische Wirtschaft präsentiert sich unterdessen weiterhin recht robust. Nach einem kräftigen Wachstum im ersten Quartal hat das türkische Bruttoinlandsprodukt von April bis Juni 2021 auf Quartalsbasis um 0,9% zugelegt. Wachstumstreiber waren insbesondere die Bereiche Privater Konsum, Investitionen sowie die Exporte. Die Türkei gehörte bereits im Vorjahr zu einem der wenigen Länder weltweit, deren BIP nicht zurückging. Auf Basis des für das Jahr 2021 geschätzten Wachstum der Unternehmensgewinne in Höhe von 60,9% (J/J) ergibt sich für die türkische Börse ein KGV von 6,7. Damit zählt der türkische Aktienmarkt weiterhin zu den günstigeren Börsen. Für die Türkei spricht zudem eine erwartete Erholung der Konjunktur im Jahr 2021. Ein rasches Fortschreiten der globalen Impfungen könnte in Kombination mit der derzeit schwachen Lira zu einem sukzessiven Wiederaufleben des Tourismus führen. Für eine weitere Höherstufung bedarf es allerdings substanziellerer Maßnahmen in der Geld- und Wirtschaftspolitik (Reformen, eine nachhaltige Inflationsbekämpfung, Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Politik etc.). Wir bestätigen daher unser Votum mit Neutral.
Anleihen
Japan: Verbraucherpreise (Aug), 01:30 Uhr
Deutschland: Ifo-Geschäftsklima (Sep), 10:00 Uhr
USA: Neubauverkäufe (Aug), 10:00 Uhr
Die Einkaufsmanagerindizes für den Euroraum gaben, wie von den von Bloomberg befragten Analysten mehrheitlich erwartet, leicht nach. Der Gesamtindex für die Konjunktur im Euroraum fiel von 59,0 Punkte auf 56,1 Punkte, dem niedrigsten Stand seit April. Die Industrie und der Dienstleistungsbereich waren gleichermaßen von dem Schwungverlust betroffen. Die deutschen Indizes gaben sogar etwas stärker nach. Der Gesamtindex fiel von 60 Punkte auf 55,3 Punkte – was aber weiterhin ein klar überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum impliziert. Die türkische Zentralbank hat gestern, für viele Analysten überraschend, den Leitzins um 100 Basispunkte von 19% auf 18% gesenkt und folgte damit den Vorstellungen von Präsident Erdogan. Angesicht der grassierenden Inflation von 19,25%, die mithin weit über dem Inflationsziel von 5% liegt, wäre eigentlich eine geldpolitische Straffung nötig. Um der Inflation entgegenzutreten, hatte die Zentralbank den Leitzins zwischen August 2020 und März 2021 von 8% auf 19% angehoben. Die Bank von England tat dagegen genau dieses – sie entschied sich dafür, abzuwarten, obwohl in Großbritannien die Inflation im August 3,2% erreichte. Aus den Äußerungen der Bank von England ist aber herauszulesen, dass man stärker darauf bedacht ist, die Inflation in Schach zu halten und sich weniger Sorgen um die Konjunktur macht. Somit dürfte der geldpolitische Rat schon bald für eine Zinserhöhung stimmen. Gestern votierten sieben für eine unveränderte Geldpolitik und zwei Ratsmitglieder stimmten dagegen. Die Renditen 10-jähriger Bundesanleihen legten gestern sechs Basispunkte zu. Die Situation um den Immobilienentwickler Evergrande scheint sich zu entspannen.
Aktien
Heute keine relevanten Unternehmenstermine
Sah sich die Börsenwelt zu Wochenbeginn mit einem möglichen zweiten „Lehman-Schock“ konfrontiert, scheint drei Tage später schon wieder kräftig die Sonne. Die Sorge der Investoren vor einer möglichen Zahlungsunfähigkeit des chinesischen Immobilienentwicklers China Evergrande hat zunächst einmal etwas an Schrecken verloren. Der Evergrande-Verwaltungschef sagte, dass das Unternehmen seine Verpflichtungen gegenüber den Immobilienbesitzern, Investoren, Partnerfirmen und Banken erfüllen werde. Zudem verkündete das angeschlagene Immobilienunternehmen, dass es eine Einigung über einen Teil ihrer in dieser Woche fälligen Zinszahlungen erzielt habe. Dass man an der Börse häufig schnell reagieren muss, zeigte sich einmal mehr in dieser Woche. Lag der Dax am Montag im Tagestief noch bei 15.019 Punkten, notierte er gestern in der Spitze bei 15.695 Punkten, ein Plus von 4,5% innerhalb von drei Handelstagen. Somit hat der deutsche Leitindex, der gestern um 0,9% zulegte, den Kursrückgang vom Montag schon wieder mehr als wett gemacht. Für Rückenwind sorgte sicherlich auch die weiterhin sehr expansive Geldpolitik der US-Notenbank. Tagesgewinner im Dax war gestern die Aktie von Sartorius mit einem Aufschlag von 3,1%. Die Aktie von Fresenius Medical Care gab als Tagesverlierer um 1,6% nach. Auf europäischer Sektorenebene waren gestern den zweiten Tag in Folge vor allem Bankwerte gefragt, die um 2,2% klettern. Die türkische Notenbank senkte den Leitzins überraschend von 19 auf 18 Prozent, weshalb die Lira auf ein Rekordtief fiel. Die Börsen in den USA tendierten dank der optimistischen Konjunktureinschätzung der US-Notenbank freundlicher. Der Dow Jones-Index gewann 1,5%. Auf Sektorenebene waren vor allem Energiewerte gesucht (+3,4%). Immobilienaktien büßten dagegen im Schnitt 0,5% ein. Die Börsen in Asien tendierten zum Wochenschluss uneinheitlich.