Aktienmärkte: Augen und Ohren offenhalten - BÖAG Kolumne
Ja, die Aktienmärkte sind unverändert in Hausselaune, zumindest was die USA und Europa betrifft. Temporäre Korrekturen wie in der vergangenen Woche werden schnell wieder aufgeholt und die Party kann weitergehen. Längst wird das Überschreiten der Marke von 17.000 im DAX nur noch als Zeitfrage gesehen. Bei dieser euphorischen Stimmung kann es nicht schaden, regelmäßig einen Blick rechts und links des Weges zu werfen.
Da haben wir einerseits die deutlich angesprungenen Inflationsraten, auf die die Notenbanken früher oder später reagieren müssen. Andererseits sollte einem das verhaltene Wirtschaftswachstum und die Defizite in den Staatshaushalten zu denken geben. Nach einem Minus von 2 Prozent zu Jahresanfang konnte die deutsche Wirtschaft im 2. Quartal gerade mal ein Plus von 1,6 Prozent zum Vorquartal aufweisen. Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen verzeichneten im 1. Halbjahr 2021 ein Defizit von 80,9 Mrd. Euro, das entspricht einem Minus von 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Deutsche Bundesbank hält es trotz eines erwarteten deutlichen Wirtschaftswachstums im Jahr 2021 für möglich, dass das Defizit der öffentlichen Haushalte 5 Prozent des BIP überschreiten könnte, 2020 waren es bereits 4,5 Prozent. Coronabedingt hatten die EU-Staaten zwar den Stabilitäts- und Wachstumspakt bereits ausgesetzt, aber Defizite in dieser Größenordnung und das vor allem auch beim Klassenprimus Deutschland dürfen kein Dauerzustand werden.
Die durch die Notenbanken initiierte Niedrigzinspolitik und Liquiditätsflut machen zwar das Schuldenmachen historisch günstig und leicht. Wehe nur, wenn an der Zinsschraube gedreht und die Geldschwemme eingedämmt werden muss, um die Währung nicht an die Wand zu fahren. Ein Crash an den Aktien- und Anleihenmärkten wäre die logische Konsequenz.
Autor: Martin Braun, Börse Hannover