Am Morgen: E.ON, Salzgitter, Thyssenkrupp und die Inflation im Blickpunkt - Nord LB Kolumne
Die lange tot geglaubte Inflation meldet sich mit Wucht zurück: Die Wiedereinführung der alten Mehrwertsteuerhöhe, teure Energie und Engpässe bei etlichen Waren ließen die deutschen Verbraucherpreise im Juli um 3,8% zum Vorjahresmonat steigen. Eine höhere Teuerungsrate gab es zuletzt im Dezember 1993 mit 4,3%. Im Juni lag sie noch bei 2,3%. In den kommenden Monaten dürfte die Inflationsrate Richtung 5% marschieren und erst 2022 wieder merklich nachgeben, sagten Ökonomen voraus. Energie kostete 11,6% mehr als im Juli 2020. Die Preise für Nahrungsmittel zogen um 4,3% an.
Die US-Konsumentenpreise stiegen im Juli um 0,5% M/M an, die Inflationsrate verharrte auf einem Plateau von 5,4% Y/Y. Als Gründe für den anhaltenden Auftrieb sind Energiepreise, Transportkosten, Lieferengpässe bei technischen Produkten und Rohstoffen, ein „Entladen“ von Konsumwünschen sowie teilweise auch Lohnzuwächse zu nennen. Zu den weit verbreiteten Inflationssorgen tragen längerfristige Faktoren wie ein angepasstes Mandat der Fed, die expansive Fiskalpolitik, demographische oder protektionistische Faktoren bei. Die Frage, ob der Inflationsschub ein nur temporäres Phänomen ist, wie die Fed annimmt, kann aktuell nicht seriös beantwortet werden. Unseres Erachtens dürfte die Inflation in 2021 in einem unangenehmen Bereich über 5% verharren, was eine klare Zielverfehlung für die Fed bedeutet. Erst im II. Quartal 2022 sehen wir dann eine preisliche Normalisierung durch eine Abnahme beim Konsumrausch, eine Behebung der meisten Knappheiten von technischen Gütern sowie ein zu der Arbeitsnachfrage besser passendes –Angebot, was in Summe zu einer Inflationsrate von wieder unter 4% führen sollte. Bis dahin wird die Fed ihre sehr expansive Geldpolitik aber angepasst haben (müssen).
Rentenmarkt
Die mit Spannung erwarteten Inflationsdaten aus den USA bewegten die Kurse deutscher Staatsanleihen kaum. Auch die Kurse der US-Staatsanleihen reagierten verhalten auf die jüngsten Nachrichten zur US-Inflation.
Aktienmarkt
Im Gegensatz zum Rentenmarkt reagierten Anleger sehr wohl am deutschen Aktienmarkt auf die neuesten Meldungen zur US-Inflation. Der DAX kletterte sogar auf ein neues Hoch. DAX+0,35%, MDAX -0,25%, TecDAX -0,65%. Investoren haben an der Wall Street befreit von ihren Inflationsängsten die Jagd nach neuen Rekorden wieder aufgenommen. Dow +0,62%, S&P-500 +0,25%, Nasdaq Comp. -0,16%. Nikkei-225 etwas leichter bei aktuell 28.041,74 Punkten.
Unternehmen
Deutschlands zweitgrößter Stahlkonzern Salzgitter hat von der anziehenden Konjunktur profitiert und den höchsten Vorsteuergewinn in einem Halbjahr seit mehr als zehn Jahren eingefahren. Das Ergebnis vor Steuern sprang auf 305,7 Mio. EUR. Im vergangenen Jahr hatte Salzgitter in diesem Zeitraum wegen des weitgehenden Stillstands der Industrie in der Pandemie einen Verlust von knapp 128 Mio. EUR ausgewiesen. Für das gute Ergebnis nun sorgten neben gestiegenen Walzstahlerlösen auch die Bereiche Flachstahl und Handel. Ein Treiber war unter anderem die Nachfrage der Autoindustrie.
Der Energiekonzern E.ON hat nach Zuwächsen im ersten Halbjahr seine Prognose erhöht. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) sei in den ersten sechs Monaten 2021 unter anderen dank eines höheren Gasabsatzes um 45% auf 3,2 Mrd. EUR gestiegen, teilte der Konzern mit. Dabei konnte E.ON sowohl im Geschäft mit Kundenlösungen als auch im Netzgeschäft zulegen.
Die boomende Stahlnachfrage lässt den deutschen Branchenführer Thyssenkrupp noch nicht im neuen Glanz erstrahlen. Zwar konnte die Sparte Steel Europe nach den vorgelegten Quartalszahlen in die Gewinnzone zurückkehren. Doch reichte dies beim um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) nur zu einem Minigewinn im Stahlgeschäft von 19 Millionen Euro. Dank der nach dem Höhepunkt der Corona-Krise stark angestiegenen Nachfrage und höheren Preisen fuhr der Konzern von April bis Juni unter dem Strich einen Gewinn von 125 Mio. EUR ein nach einem Verlust von 678 Mio. EUR im VJ.
Devisen
Der Euro zeigte sich wenig verändert.
Öl / Gold
Die Ölpreise präsentierten sich gestern tagsüber stabil. Gold zog erstmals seit Tagen sogar wieder leicht an.