Börsen zwischen „Alternativlosigkeit“ von Aktien und Inflationsängsten - Börse München
Gelungener Monatsauftakt: Die deutschen Aktienbörsen haben die vergangene erste Augustwoche überwiegend mit Gewinnen beendet. Zwar zeigten die Anleger weiterhin Nervosität angesichts der sich ausbreitenden Delta-Variante des Coronavirus und schwelender Inflationsängste. Allerdings überwogen letztlich die Aufwärtsimpulse, die von positiv aufgenommenen Unternehmenszahlen und gut ausgefallenen Konjunkturdaten kamen. Einkaufsmanagerindizes aus den USA wiesen darauf hin, dass das Wachstumsszenario intakt sei, hieß es von Analystenseite. Auch die US-Arbeitsmarkdaten seien überraschend robust gewesen, so der Tenor der Marktteilnehmer.
Der Deutsche Aktienindex (Dax) verfehlte am vergangenen Freitag einen neuen Rekord nur um wenige Punkte, im Wochenvergleich legte er um 1,4 Prozent auf 15.761,45 Punkte zu. Größte Wochengewinner im Index waren die Titel von Infineon mit einem Plus von 8,7 Prozent. Der Chiphersteller profitierte unter anderem von einer zeitweise hohen Beliebtheit von Technologietiteln. Dagegen büßten die Papiere der Allianz auf Wochensicht 5,8 Prozent ein. Dies war auf einen Kursrutsch beim Versicherer zu Wochenauftakt zurückzuführen, juristische Untersuchungen in den USA hatten die Anleger verunsichert. Im Wochenverlauf erholte sich die Allianzaktie etwas, wozu auch ein verbesserter Ausblick auf das laufende Jahr und angekündigte Aktienrückkäufe beitrugen. Der MDax, der in der vergangenen Woche mehrfach Rekordstände markierte, stieg im Wochenvergleich um 1,2 Prozent auf 35.566,41 Zähler. Der TecDax gewann 3,0 Prozent auf 3.790,21 Punkte. Gegen den Trend gab der m:access All-Share 2,0 Prozent auf 2.982,40 Zähler ab. Hierzu trugen auch die Titel von PRO DV mit einem Kurseinbruch um 16,4 Prozent auf Wochensicht bei.
Die deutschen Anleihemärkte haben sich in der vergangenen Woche ohne klare Richtung präsentiert. Bewegung brachten in erster Linie Konjunkturdaten, die allerdings uneinheitlich ausfielen und so die Kurse der Bundespapiere mal nach oben, mal nach unten schickten, wobei sich die Ausschläge meist in engen Grenzen hielten. Am Freitag zu Handelsschluss lag die Rendite der marktbestimmenden zehnjährigen Bundesanleihe gegenüber der Vorwoche unverändert bei -0,46 Prozent. Die Umlaufrendite sank im Wochenvergleich von -0,50 auf -0,55 Prozent.
Die US-Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche zugelegt. Besonders Konjunkturdaten versetzten die Anleger in Kauflaune, der US-Arbeitsmarktbericht sorgte sogar für neue Rekordstände. Der Dow-Jones-Index rückte im Wochenvergleich um 0,8 Prozent auf 35.208,51 Punkte vor, der breiter gefasste S&P-500-Index verbesserte sich um 0,9 Prozent auf 4.436,52 Zähler. Beide Indizes markierten am vergangenen Freitag Höchststände. Der technologielastige Nasdaq-100-Index stieg im Wochenvergleich um 1,0 Prozent auf 15.109,36 Punkte.
Ausblick
In der aktuellen Woche dürften die Anleger an den deutschen Aktien wieder einmal zwischen Konjunkturoptimismus und einer „Alternativlosigkeit“ von Aktien auf der einen Seite und Sorgen vor einer neuerlichen Verschärfung der Corona-Situation, Inflationsängsten und damit zusammenhängenden Befürchtungen einer strafferen Geldpolitik auf der anderen schwanken. Hinsichtlich des letztgenannten Punktes hatten gerade die besser als erwartet ausgefallenen US-Arbeitsmarktdaten vom vergangenen Freitag für neue Argumente gesorgt. Da sich die US-Notenbank Fed auch stark am Arbeitsmarkt orientiert, könnte eine Verbesserung hier bei gleichzeitig steigenden Teuerungsraten für Druck sorgen, die extrem lockere Geldpolitik zu straffen. Dies wiederum könnte die Attraktivität von Aktien schmälern, gerade Technologieunternehmen könnten zudem unter einer Verteuerung von Krediten leiden.
Vor diesem Hintergrund dürften die Anleger genau auf die in den kommenden Tagen anstehenden Inflationszahlen achten, vor allem die US-Verbraucherpreise am Mittwoch dürften im Fokus stehen. Auch das US-Verbrauchervertrauen sowie Verbraucherpreise und ZEW-Konjunkturerwartungen aus Deutschland könnten für Bewegung an den Märkten sorgen.
Daneben dürfte weiter die Berichtssaison Impulse liefern, wenn nicht für den Gesamtmarkt, so doch für die jeweiligen Unternehmen und Branchen. Dabei geben beispielsweise aus dem Dax Deutsche Telekom, E.on, Henkel und RWE Einblicke in ihre Bücher, wobei die Anleger genauso, wenn nicht noch mehr an den Ausblicken interessiert sein dürften. Auch eine Vielzahl von Unternehmen aus den weiteren Börsenreihen legt Zahlen vor, darunter Ceconomy, HelloFresh, Leoni, Sixt, TUI und Varta.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 09.08.: Handelsbilanz Deutschlands
Dienstag, 10.08.: ZEW-Konjunkturerwartungen (Deutschland); Arbeitsproduktivität in den USA
Mittwoch, 11.08.: Verbraucherpreise in Deutschland; Verbraucherpreise in den USA
Donnerstag, 12.08.: Industrieproduktion in der Eurozone; Erzeugerpreise in den USA
Freitag, 13.08.: Handelsbilanz der Eurozone; Verbrauchervertrauen der Universität Michigan (USA); Import- und Exportpreise in den USA
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG