Ifo Geschäftsklima: Wachsende Zuversicht, Industrie schon fast euphorisch - Nord LB
Heute Vormittag hat das Münchner ifo-Institut aktuelle Ergebnisse seiner Umfrage unter rund 9.000 deutschen Unternehmen veröffentlicht. Im Berichtsmonat März hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft demnach überraschend deutlich aufgehellt. Das Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft kletterte im laufenden Monat auf 96,6 Punkte und damit den höchsten Stand seit Mitte 2019. Der wichtigste Indikator für die Stimmungslage der Unternehmen in Deutschland notiert damit erstmals seit dem Beginn der Krise leicht über dem im Februar 2020 markierten Vorkrisenniveau (95,7 Punkte).
Mit einem Anstieg der auf die Entwicklung in sechs Monaten gerichteten Geschäftserwartungen konnte nach den positiven Vorgaben der ZEW-Konjunkturerwartungen sowie der sentix-Umfrage gerechnet werden. Auch die Einkaufsmanagerindizes hatten im März kräftig angezogen, in der Industrie wurde gar ein Allzeithoch markiert. Die ifo-Geschäftserwartungen sprangen im März ebenfalls deutlich aufwärts und notieren nun bei 100,4 Punkten. Dies belegt eindeutig eine wachsende Zuversicht der Unternehmen, wobei die Hoffnungen auf einer erfolgreichen Impfkampagne und somit auch einer Besserung der gesamtwirtschaftlichen Lage im Jahresverlauf ruhen.
Das Geschäftsklima liegt erstmals wieder über dem Vorkrisenniveau, haben die Unternehmen also die Krise bereits abgehakt? Bei der Interpretation diese Wertes ist noch eine gewisse Vorsicht angebracht, da er vor allem auf sehr optimistische Erwartungen zurückzuführen ist. Zwar beurteilen die befragten Unternehmenslenker im März auch die aktuelle Geschäftssituation besser, die Lagekomponente stieg von 90,6 auf 93,0 Punkte. Dieser Wert liegt damit jedoch noch mit einem gewissen Abstand unter dem Niveau vor der Krise (98,7 Punkte).
Zu beachten ist auch, dass die Umfragen mehr als sonst Momentaufnahmen sind. Es muss auf den genauen Umfragezeitraum geachtet werden, um einschätzen zu können, welcher Teil der – vorsichtig formuliert – zuletzt recht erratischen Krisenkommunikation der Politik berücksichtigt werden konnte und was eventuell erst in der Folgeumfrage Niederschlag finden könnte. Gleiches gilt für die deutliche Zunahme an Neuinfektionen am aktuellen Rand, wodurch sich schnelle Lockerungen der Eindämmungsmaßnahmen und neue Öffnungsschritte zumindest weiter verzögern dürften. Insofern dürfte die Stimmung derzeit besser sein als die aktuelle wirtschaftliche Aktivität.
Die Umfrageergebnisse aus dem März zeigen einmal mehr auf, wie unterschiedlich die einzelnen Sektoren von der Pandemie und den Eindämmungsmaßnahmen betroffen sind. Während die Industrieunternehmen schon fast euphorisch in die Zukunft blicken (höchste Geschäftserwartungen seit über zehn Jahren), bleibt die Stimmung im Dienstleistungssektor, im Gastgewerbe und im Handel trotz teils deutlicher Verbesserungen noch gedämpft. Damit bestätigt die ifo-Umfrage im Wesentlichen die jüngsten Ergebnisse von den Einkaufsmanagerbefragungen. In der Summe überraschten die Stimmungsindikatoren im März klar positiv. Für die deutsche Wirtschaft insgesamt erwarten wir ein BIP-Wachstum von gut drei Prozent im laufenden Jahr.
Fazit: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im März überraschend stark aufgehellt. Der ifo Geschäftsklimaindex machte einen Sprung auf 96,6 Punkte und liegt damit erstmals wieder über dem Vorkrisenniveau. Vor allem stark verbesserte Geschäftserwartungen belegen einen großen Optimismus der deutschen Unternehmen, aber auch die aktuelle Lage wird erneut etwas weniger pessimistisch beurteilt. Angefacht von einer hohen Auslandsnachfrage macht sich in der Industrie schon fast eine euphorische Stimmung breit, die Erwartungen liegen hier so hoch wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Wir rechnen trotz des schwachen Starts für das Gesamtjahr mit einem BIP-Wachstum von gut 3%. Die drei wichtigsten Bedingungen hierfür lauten: Impfen, impfen und nochmals impfen!