Inflations- und Zinsängste auf der einen Seite, Konjunkturhoffnungen auf der anderen - Börse München
Überwiegend schwächer, aber Börsenschwergewichte gefragt: Die deutschen Aktienbörsen haben sich in der vergangenen Woche uneinheitlich präsentiert. Zu Wochenbeginn hatten Hoffnungen auf Fortschritte im Kampf gegen Corona und nachlassende Inflationssorgen die Kurse auf breiter Front nach oben getrieben. Im weiteren Wochenverlauf belasteten dann aber erneut steigende Anleiherenditen sowie einige schwach ausgefallene Konjunkturdaten die Stimmung an den Märkten, Gewinnmitnahmen bei zuletzt gut gelaufenen Werten waren eine Folge. Dabei litten wie schon zuletzt besonders Titel, die zu den Gewinnern der Corona-Krise zählen, sowie Technologiewerte, die in den vergangenen Monaten überdurchschnittlich stark gestiegen waren. Etliche Börsenschwergewichte und Vertreter der von einigen Marktteilnehmern so bezeichneten „Old Economy“ zeigten sich in der vergangenen Woche dagegen deutlich stabiler. Am Freitag ging es trotz eines überraschend positiv ausgefallenen US-Arbeitsmarktberichts spürbar abwärts, was Beobachter vor allem auf Inflationsängste zurückführten.
Trotz des schwachen Wochenausklangs verbesserte sich der Deutsche Aktienindex (Dax) im Wochenvergleich um 1,0 Prozent auf 13.920,69 Punkte, am vergangenen Mittwoch erreichte der Index bei 14.197 Zählern sogar ein neues Rekordhoch. Auf Wochensicht legte die überwiegende Mehrheit der Indexwerte zu, an der Spitze der Gewinnerliste standen aber mit weitem Abstand die Titel von Volkswagen mit einem Wochenplus von gut 12 Prozent. Die Anleger honorierten eine positive Analystenstudie sowie die Pläne des Autobauers in Bezug auf die Elektromobilität, der Kurs stieg auf den höchsten Stand seit dem Jahr 2015. Dagegen sackten die Anteilsscheine des Indexwerts Infineon um über 11 Prozent ab, hier machte sich die allgemeine Stimmung in Bezug auf Technologiewerte bemerkbar. Der MDax verlor im Wochenvergleich 1,8 Prozent auf 30.716,51 Zähler. Der TecDax fiel um 3,8 Prozent auf 3.220,26 Punkte. Beim m:access All-Share ging es um 3,6 Prozent nach unten auf 2.994,32 Zähler.
Die Kurse deutscher Anleihen haben in der vergangenen Woche zugelegt. Einerseits ließ die eingetrübte Stimmung an den Aktienbörsen die Anleger zu den Bundestiteln greifen. Andererseits stützten Marktbeobachtern zufolge deutliche Worte von Vertretern der Europäischen Zentralbank, mit denen diese sich dem Anstieg der Kapitalmarktzinsen entgegenstellten, die deutschen Anleihen. Der Renditeanstieg bei US-Anleihen zog deren deutsche Pendants in der vergangenen Woche nicht mit. Im Wochenvergleich ging die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe von -0,25 auf -0,31 Prozent zurück. Die Umlaufrendite sank von -0,32 auf -0,35 Prozent.
Die US-Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche überwiegend Gewinne verzeichnet, die Technologiewerte standen allerdings erneut unter Abgabedruck. Der unerwartet starke Arbeitsmarktbericht zu Ende der Handelswoche sorgte anders als hierzulande für erheblichen Auftrieb. Der Dow-Jones-Index stieg im Wochenvergleich um 1,8 Prozent auf 31.496,30 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500-Index verbesserte sich um 0,8 Prozent auf 3.841,94 Zähler. Der technologielastige Nasdaq-100 gab dagegen um 1,9 Prozent nach auf 12.668,51 Punkte.
Ausblick
Die Hauptthemen an den deutschen Aktienbörsen in dieser Woche sind mutmaßlich die gleichen wie in der vergangenen: Inflations- und Zinsängste auf der einen Seite, Konjunkturhoffnungen auf der anderen, und auch Corona könnte eine Rolle spielen, eventuell aber eine geringere als zuletzt, da zumindest erwartbar keine großen Neuigkeiten anstehen. Anders dürfte es hinsichtlich der Befürchtungen zu Inflation und Zinsen aussehen: Hier dürften die Anleger zum einen gespannt auf die Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag blicken. Sollte sich die EZB dabei klar hinsichtlich des Anstiegs der Kapitalmarktzinsen positionieren, könnte dies den Aktienmärkten Auftrieb verleihen. Vorsichtige Äußerungen in diesem Punkt, wie in der vergangenen Woche von Jerome Powell, dem Chef der US-Notenbank, zu hören, könnten sich dagegen negativ auf die Börsen auswirken. Daneben könnten in Zusammenhang mit diesem Thema auch die anstehenden Inflationszahlen und das Billionen-Dollar-schwere Konjunkturpaket der US-Regierung einen Einfluss auf die Stimmung haben.
In Bezug auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung richtet sich der Blick auf die anstehenden Konjunkturdaten, wobei in den kommenden Tagen hochkarätige Veröffentlichungen Mangelware sind. Zu den potenziell marktbewegenden Daten zählen die Industrieproduktion in der Eurozone und Deutschland, das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone und das Verbrauchervertrauen in den USA.
Beim Blick auf Einzelwerte könnte die sich dem Ende zuneigende Berichtssaison für Impulse sorgen. Aus dem Dax legen dabei noch Adidas, Continental und Deutsche Post Ergebnisse vor, aus der zweiten Börsenreihe unter anderem K+S und RTL.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag. 08.03.: Industrieproduktion in Deutschland
Dienstag, 09.03.: Handelsbilanz Deutschlands; Bruttoinlandsprodukt der Eurozone; Bruttoinlandsprodukt Japans
Mittwoch, 10.03.: Verbraucherpreise in den USA; Ergebnis der Ratssitzung der Bank of Canada; Verbraucherpreise in China
Donnerstag, 11.03.: Ergebnis der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank
Freitag, 12.03.: Verbraucherpreise in Deutschland; Industrieproduktion in der Eurozone; Verbrauchervertrauen der Universität Michigan (USA); Erzeugerpreise in den USA
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG