ifo Geschäftsklima: Deutsche Wirtschaft zeigt sich trotz Lockdown robust - Nord LB
Heute Vormittag hat das Münchner ifo-Institut aktuelle Ergebnisse seiner Umfrage unter rund 9.000 deutschen Unternehmen veröffentlicht. Im Berichtsmonat Februar hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft demnach deutlich stärker als erwartet verbessert. Das Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft kletterte im laufenden Monat auf 92,4 Punkte und damit den höchsten Stand seit dem Beginn des Lockdowns im letzten November. Der wichtigste Indikator für die Stimmungslage unter den deutschen Unternehmenslenkern notiert damit nur noch etwas mehr als drei Punkte unter dem Vorkrisenniveau vor einem Jahr (95,7 Punkte).
Mit einem Anstieg der auf die Entwicklung in sechs Monaten gerichteten Geschäftserwartungen konnte man nach dem Stimmungsdämpfer im Vormonat rechnen. Auch bei den ZEW-Konjunkturerwartungen war im Februar eine nochmalige deutliche Stimmungsaufhellung festzustellen gewesen. Der Teilindex sprang deutlich aufwärts und notiert nun bei 94,2 Punkten. Bei den Unternehmen ruhen die Hoffnungen auf einer merklichen Besserung der Lage im Jahresverlauf, vor allem wenn die Pandemie mehr und mehr unter Kontrolle gebracht werden kann.
Aus unserer Sicht überraschend war hingegen die ebenfalls deutlich bessere Einschätzung der aktuellen Geschäftssituation durch die befragten Unternehmenslenker. Die Lagekomponente stieg trotz der nochmaligen Verlängerung des Lockdowns von 89,2 auf 90,6 Punkte. Vor allem die deutsche Industrie entwickelt sich weiterhin sehr robust. Bereits im vierten Quartal 2020 hatte der Auftrieb im verarbeitenden Gewerbe ein leichtes gesamtwirtschaftliches Wachstum beschert und die teils enormen Belastungen für viele Unternehmen leicht überkompensiert. Auch aktuell ist die Nachfrage derart hoch, dass bereits wieder angebotsseitige Restriktionen zu befürchten sind. Bei Containern herrscht derzeit wieder Knappheit und Lieferverzögerungen haben deutlich zugenommen.
Die gute Nachfragesituation für die Industrie darf aber nicht den Blick dafür verstellen, dass nach fast vier Monaten Lockdown (bzw. zweiter Welle) viele, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sowie Selbstständige vor großen Herausforderungen oder gar mit dem Rücken an der Wand stehen. Aber selbst bei Dienstleistern und im Gastgewerbe hat sich der Pessimismus laut der heutigen Umfrage etwas verringert. Besonders negativ ist hingegen weiterhin die Stimmung unter den Einzelhändlern. Die aktuelle Geschäftslage wird nochmals schlechter beurteilt, was angesichts erheblicher Umsatzeinbußen keine Überraschung darstellt.
In der Summe überrascht das ifo Geschäftsklima heute klar positiv. Der Aktienmarkt tendierte mit Veröffentlichung der Daten – nach einem äußerst schwachen Start in die Woche – zunächst aufwärts, dem DAX ging aber kurz vor dem Erreichen der Marke von 13.900 Punkten wieder die Puste aus. Für die deutsche Wirtschaft erwarten wir weiterhin ein BIP-Wachstum von mehr als drei Prozent im laufenden Jahr. Trotz aller Belastungen ist kein dramatischer Einbruch im ersten Quartal zu befürchten, und ab dem Frühjahr wird die Dynamik zudem wieder deutlich zunehmen. Voraussetzung aber ist, dass das Infektionsgeschehen nachhaltig unter Kontrolle gebracht wird.
Fazit: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Februar überraschend deutlich verbessert. Der ifo Geschäftsklimaindex kletterte auf 92,4 Punkte und damit den höchsten Stand seit dem Beginn des zweiten Lockdowns im November. Die Geschäftserwartungen werden deutlich positiver gesehen, aber auch die Lage wird weniger pessimistisch als in den Vormonaten beurteilt. Die Industrie erweist sich dank einer anziehenden globalen Nachfrage weiter als Fels in der Brandung. Deutliche Lieferverzögerungen und eine Knappheit bei Containern sind sogar bereits auszumachen. Wegen der Belastungen für Handel, Gastgewerbe und Dienstleister fällt der Start ins Jahr zwar insgesamt gedämpft aus. Dank einer im Frühjahr anziehenden Dynamik bleibt aber ein Wachstum von gut 3% in Reichweite!