EZB: Jetzt einfach mal zuwarten - VP Bank Kolumne
Christine Lagarde hat im Dezember den geldpolitischen Ofen ordentlich mit neuem Brennstoff versorgt. Jetzt muss sich die Wärme des frischen Geldes im Währungsraum verteilen. Handlungsbedarf bestand jedenfalls heute nicht. Die Geldpolitik blieb unverändert.
Die Wachstumsrisiken blieben nach unten gerichtet, seien aber weniger ausgeprägt. Für das vierte Quartal 2020 rechnet die EZB mit einer Kontraktion des BIP. Dies ist allerdings in Anbetracht der bereits vorliegenden Daten keine Überraschung. Für die kommenden Monate rechnet die EZB mit steigenden Inflationsraten, was auch an der wieder höheren Mehrwertsteuer in Deutschland liege. Das Volumen des Pandemie-Notfallankaufprogramms möchte die EZB flexibel handhaben. Richtschnur sind dabei die Finanzierungsbedingungen in der Eurozone. Verbessert sich also die Kreditvergabe, wird die EZB nicht das gesamte Volumen von EUR 1.85 Billionen ausschöpfen.
Das Thema „Euro“ durfte natürlich nicht fehlen. Die EZB würde die Entwicklung der Gemeinschaftswährung sehr genau verfolgen. Ohne verbale Intervention kommt derzeit wohl keine EZB-Sitzung aus. Christine Lagarde gab auch eine Ausführung zum geplanten digitalen Euro. Die EZB-Chefin gab nochmals zu verstehen, dass der digitale Euro kein Substitut sei, sondern zum herkömmlichen Euro eine Koexistenz führen würde.
Die EZB setzt auf eine wirtschaftliche Erholung im weiteren Jahresverlauf. Gleichzeitig werden die Inflationsraten steigen. Im Zuge der Corona-Pandemie und den verhängten Eindämmungsmassnahmen sank der Ölpreis im März 2020 um mehr als 50 %. Seit dem Tief im April ist beim Nordseeöl der Sorte Brent aber bereits ein Anstieg um beinahe das Dreifache zu verbuchen. Werden die Energiepreise also ab März mit dem Vorjahresniveau verglichen, hat dies für die Inflationsrate erhebliche Auswirkungen. Die Teuerungsrate wird merklich anziehen.
Christine Lagarde wird also schon bald auf ein für die EZB besseres Umfeld blicken. Die Notwendigkeit weiterer geldpolitischer Stimuli dürfte vorerst nicht gegeben sein. Klar ist aber, sollten sich die wirtschaftlichen Aussichten nochmals unerwartet eintrüben, werden die Währungshüter handeln.
Die EZB hat im Jahr 2020 geliefert. Der Gipfel an geldpolitischer Stimulierung ist erreicht. Dass nochmals eine grosse Welle neuer Massnahmen ins Haus steht, ist in Anbetracht der Impfstoffverteilung nicht zu erwarten. Erholt sich die Wirtschaft im zweiten Halbjahr, wird schon bald die Frage nach dem Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik an den Finanzmärkten aufkommen.