Impulse von Seiten der Wirtschaftsdaten und Unternehmens-Bilanzen - Börse München Kolumne
Spürbare Zurückhaltung: Die deutschen Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche überwiegend nachgegeben. Zwar sorgten zeitweilig Spekulationen über ein umfangreicheres Konjunkturpaket in den USA für Auftrieb, in der Summe überwogen aber verschiedene Belastungsfaktoren. In erster Linie waren dies Befürchtungen hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie und der Folgen der Gegenmaßnahmen. Daneben hielten sich viele Anleger im Vorfeld der Berichtssaison zurück. Zudem kamen auch Bedenken wegen steigender Zinsen bei US-Staatsanleihen und in Bezug auf die mittelfristige US-Geldpolitik auf. Einige Marktteilnehmer befürchteten, dass eine Zinssteigerung einerseits die Finanzierungskosten der Unternehmen erhöhen würde, andererseits würde sie Aktien im Vergleich zu Staatsanleihen weniger attraktiv machen.
Der Deutsche Aktienindex (Dax) verlor im Wochenvergleich 1,9 Prozent auf 13.787,73 Punkte. Gegen den Trend verzeichneten die Titel der Deutschen Post einen Wochengewinn von über 3 Prozent. Die Anleger honorierten hier eine Anhebung der Prognose. Der MDax, der am Donnerstag ein neues Rekordhoch markiert hatte, sank im Wochenvergleich um 1,0 Prozent auf 31.035,92 Zähler. Der TecDax gab 0,9 Prozent ab auf 3.262,41 Punkte. Dagegen setzte der m:access All-Share seine Aufwärtsbewegung aus der Vorwoche fort und gewann weitere 4,0 Prozent auf 3.125,98 Zähler.
Die Kurse an den deutschen Anleihemärkten haben in der vergangenen Woche nach anfänglichen Verlusten wieder angezogen und sich letztlich nur überschaubar verändert. Zu Wochenbeginn belasteten die schwächeren US-Anleihen auch die Notierungen der Bundespapiere. Die erwarteten höheren Staatsausgaben der künftigen US-Regierung hatten Wachstums- und Inflationserwartungen in den USA steigen lassen, was sich negativ auf die Notierungen der US-Staatsanleihen auswirkte. Im weiteren Wochenverlauf gab dann die Regierungskrise in Italien den als sicher geltenden deutschen Anleihen Auftrieb. Letztlich ging die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe im Wochenvergleich von -0,52 auf -0,55 Prozent zurück. Die Umlaufrendite lag am vergangenen Freitag wie eine Woche zuvor bei -0,56 Prozent.
Die US-Aktienbörsen haben die vergangene Handelswoche leichter beschlossen. Neben Gewinnmitnahmen belasteten einige mit Enttäuschung aufgenommene Konjunkturdaten sowie der Start der Berichtssaison. Der Dow-Jones-Index büßte im Wochenvergleich 0,9 Prozent ein auf 30.814,26 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500-Index gab um 1,5 Prozent auf 3.768,25 Zähler nach. Der technologielastige Nasdaq-100 fiel um 2,3 Prozent auf 12.803,93 Punkte.
Ausblick
Bei Prognosen zur Entwicklung an den deutschen Aktienmärkten in der aktuellen Woche geben sich die meisten Experten vorsichtig. Dass Bund und Länder bereits an diesem Dienstag statt wie ursprünglich geplant erst am 25. Januar über das weitere Vorgehen beraten werden, dass eine Verschärfung der Anti-Corona-Maßnahmen als wahrscheinlich und eine Verlängerung des Lockdowns als weitgehend ausgemacht gibt und dass von allen Seiten vor einer Verschlechterung der Lage gewarnt wird, all‘ dies könnte die Stimmung der Anleger belasten, so die Einschätzungen. Hinzu kommt, dass derzeit keine neuen Unterstützungsmaßnahmen gegen die Folgen der Pandemie zu erwarten sind, die als Treiber an den Märkten wirken könnten.
Auch von der Europäischen Zentralbank (EZB) wird es den Prognosen zufolge keine neuen Maßnahmen geben, wenn diese am Donnerstag das Ergebnis ihrer Ratssitzung verkündet. Allerdings sind von dieser Seite nach Einschätzung von Beobachtern auch keine Hinweise zu erwarten, die als Anzeichen einer restriktiveren Geldpolitik interpretiert werden könnten. Dies ist nicht nur, aber auch vor dem Hintergrund der jüngsten Zinssteigerungen bei US-Anleihen und Spekulationen über eine weniger lockere US-Geldpolitik in absehbarer Zeit von Bedeutung. Neben der EZB werden in den kommenden Tagen auch die chinesische und kanadische Zentralbank ihre jeweiligen Zinsentscheidungen bekannt geben.
Die wichtigsten Impulse von Seiten der Wirtschaftsdaten dürften in der aktuellen Woche hierzulande von den Einkaufsmanagerindizes und den ZEW-Konjunkturerwartungen kommen, aus den USA stehen unter anderem Einkaufsmanagerindizes und Zahlen zum Immobilienmarkt an. Zudem kommt in den USA die Berichtssaison ins Laufen. Dabei veröffentlichen wie bereits in der Vorwoche wieder Großbanken ihre Zahlen, dieses Mal die Bank of America, Goldman Sachs und Morgan Stanley. Daneben legen beispielsweise Intel, Netflix und Procter&Gamble Ergebnisse vor.
Mit Blick auf die USA werden viele Anleger auch auf die Amtseinführung von Joe Biden am Mittwoch blicken. Zwar waren Amtseinführungen von US-Präsidenten in der Vergangenheit weitgehend uninteressant für die Börsen, seit den jüngsten Ereignissen mit der sogenannten Erstürmung des Kapitols hat sich dies aber geändert – die Sorge vor erneuter Gewalt hat sich seitdem deutlich erhöht. Zu Wochenbeginn müssen die Märkte hierzulande dagegen ohne Börsen-Impulse aus den USA auskommen, diese bleiben am Montag wegen des Feiertags „Martin Luther King Day“ geschlossen.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag. 18.01.: US-Börsen feiertagsbedingt geschlossen; Bruttoinlandsprodukt Chinas; Einzelhandelsumsätze in China
Dienstag, 19.01.: ZEW-Konjunkturerwartungen (Deutschland); Verbraucherpreise in Deutschland; Leistungsbilanz der Eurozone
Mittwoch, 20.01.: Erzeugerpreise in Deutschland; Verbraucherpreise in der Eurozone; Ergebnis der Ratssitzung der Bank of Canada; Ergebnis der Ratssitzung der chinesischen Notenbank
Donnerstag, 21.01.: Ergebnis der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank; Verbrauchervertrauen in der Eurozone; Philadelphia Fed Herstellungsindex (USA); Baubeginne und -genehmigungen in den USA
Freitag, 22.01.: Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland und der Eurozone; Dienstleistungsindizes für Deutschland und die Eurozone; Markit PMI Gesamtindex (USA); Verkäufe bestehender Häuser in den USA
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG