Deutsches BIP bricht im Jahr 2020 wegen Coronakrise um 5 Prozent ein
Heute Vormittag hat das Statistische Bundesamt im Rahmen einer Pressekonferenz eine erste Schätzung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands im Jahr 2020 veröffentlicht. Demnach verursachte die Corona-Pandemie wie erwartet einen deutlichen Einbruch der Wirtschaftsleistung. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) verringerte sich um -5,0% nach +0,6% im Jahr 2019. Kalender- und saisonbereinigt fiel das Minus mit -5,3% noch etwas stärker aus.
Die Wertschöpfung ist im Gesamtjahr besonders deutlich im Verarbeitenden Gewerbe (-9,7%), in einigen Dienstleistungsbereichen sowie im Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe (-6,3%) zurückgegangen. Auch auf der Verwendungsseite spiegeln sich die Belastungen durch die Coronakrise wider. Der private Konsum brach mit -6,0% erheblich ein, was zu einem großen Teil auf teilweise weggefallene Konsummöglichkeiten zurückzuführen ist. Entsprechend deutlich ist die Sparquote im Jahr 2020 von 10,9% (2019) auf 16,3% geklettert. Mit diesen unüblich hohen Ersparnissen haben die privaten Haushalte ein Polster aufgebaut, das zumindest teilweise aufgrund aufgestauter Konsumwünsche nach dem Überwinden der Pandemie nachfragewirksam werden dürfte.
Die Investitionen gingen „nur“ um 3,5% zurück, dank nochmals ausgeweiteter Bauinvestitionen (+1,5%). In Ausrüstungen investierten die Unternehmen hingegen 2020 erheblich weniger (12,5%). Auch der Außenhandel stand ganz im Zeichen der globalen Pandemie, sowohl Exporte (-9,9%) als auch Importe (-8,6%) gingen deutlich zurück. Stützend wirkten die staatlichen Konsumausgaben (+3,4%). Die fiskalischen Maßnahmen zur Krisenabschirmung spiegeln sich in einer deutlichen Ausweitung des gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizits wider. Nach acht Jahren mit teils deutlichen Überschüssen verursachte die Coronakrise ein Defizit von 158 Mrd. Euro bzw. 4,8% des Bruttoinlandsprodukts. Im internationalen Vergleich steht Deutschland aber noch relativ gut da.
Für die heute gemeldeten Zahlen lagen noch nicht alle Daten vor, für den Dezember musste auf Schätzungen zurückgegriffen werden. Die Statistiker gehen von einer Stagnation im vierten Quartal aus, vor allem dank einer robusten Entwicklung in Industrie und Bauwirtschaft. Die meisten Unternehmen dürften zudem besser auf die zweite Welle vorbereitet gewesen sein, Störungen der Lieferketten blieben aus und die Auslandsnachfrage hat ebenfalls gestützt. Im Schlussquartal wurde der zügige konjunkturelle Aufholprozess damit zwar unterbrochen, ein Rückfall in die Rezession aber wohl vermieden. Allerdings wird das laufende Quartal schwach verlaufen, zumal eine Verlängerung des harten Lockdowns über die gesamten Wintermonate immer wahrscheinlicher wird.
Der weitere Ausblick auf das Jahr 2021 stimmt optimistisch. Allein wegen der dann wieder günstigeren Witterungsbedingungen ist ab dem Frühjahr mit einer kräftigen Zunahme der wirtschaftlichen Aktivität zu rechnen – sofern Rückschläge bei den Impfungen ausbleiben. Bereits Ende 2021 dürfte das Vorkrisenniveau wieder erreicht werden. Für 2021 rechnen wir mit einem BIP-Wachstum von rund 3,5%. 2022 dürfte die Wirtschaftsleistung sogar um gut 4% wachsen. Bis zur vollständigen Überwindung der Pandemie bleibt eine Unterstützung durch Fiskal- und Geldpolitik notwendig.
Fazit: Die Corona-Pandemie hat gesamtwirtschaftlich erhebliche Spuren hinterlassen. Das reale Bruttoinlandsprodukt verzeichnete im Jahr 2020 wie erwartet einen Einbruch von 5,0% gegenüber dem Vorjahr. Die positive Botschaft lautet, dass trotz des zweiten Lockdowns die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal offenbar „nur“ stagnierte. Industrie und Bau entwickelten sich zuletzt robust und stützen die Gesamtwirtschaft. Die nächsten Wochen werden wegen des Infektionsgeschehens und des harten Lockdowns zwar noch einmal sehr schwierig, wir rechnen aber ab dem Frühjahr mit einer beschleunigten Erholung, die bis weit ins Jahr 2022 hinein anhalten dürfte (BIP-Prognose 2021: 3,5%). Grundvoraussetzung hierfür ist ein Überwinden der Pandemie. Auch aus ökonomischer Sicht ist es somit entscheidend, dass der Weg hin zu einer Durchimpfung zügig und konsequent beschritten wird.