Was ein „Blue Sweep“ für die Pharmaindustrie bedeutet - Commerzbank Kolumne
Ohne Zweifel dürfte die Pandemie und die damit verbundene Rezession in weiten Teilen der US-Bevölkerung den Wunsch nach „mehr Staat“ und einem besseren Gesundheitssystem verstärkt haben. Auch dies spielt (wie auch u.a. das Verhalten des amtierenden US-Präsidenten) dem Präsidentschaftskandidaten Joe Biden in die Karten. Dass die Demokraten ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen können, stand schon vorher außer Frage. Mittlerweile sind aber die Chancen für einen sogenannten „Blue Sweep“ (Biden wird Präsident und in beiden Kammern, also künftig auch im Senat, werden die Demokraten die Mehrheit stellen) deutlich gestiegen. Aus diesem Grunde seien hier kurz einige Partei-Programmpunkte, die die Gesundheitsbranche besonders tangieren, skizziert. Biden plant u.a., die Körperschaftssteuer von 21% auf 28% zu erhöhen und den Steuersatz auf Gewinne ausländischer Niederlassungen von US-Unternehmen auf 21% zu verdoppeln. Darüber hinaus soll die staatliche Krankenversicherung weiter ausgebaut werden, indem das Zutrittsalter für Medicare von 65 auf 60 Jahre abgesenkt und der Zugang zu Medicaid für einkommensschwache Bürger erleichtert wird. Zudem soll Medicare die Medikamentenpreise direkt mit den Pharmaunternehmen aushandeln dürfen. Diese sollen dann auch für private Versicherungen gelten und in Abhängigkeit von den Preisen in anderen Ländern soll ein Maximalpreis ermittelt werden. Dies dürfte die Preise zumindest für etablierte Medikamente unter Druck bringen und in Kombination mit der höheren Steuerlast zu einer Erosion der Gewinne einiger Pharmakonzerne führen, was in der Konsequenz auch tendenziell niedrigere Dividendenausschüttungen, Aktienrückkäufe und M&A-Transaktionen bedeuten würde. Positiv ist anzumerken, dass sich die Aktien des Pharma-Sektors auch deshalb seit einiger Zeit relativ schwächer entwickeln und von daher bereits einiges eingepreist sein sollte.
Anleihen
Großbritannien: BIP-Wachstum (Aug.), 08:00 Uhr
Frankreich: Industrieproduktion (Aug.), 08:45 Uhr
Italien: Industrieproduktion (Aug.), 10:00 Uhr
Der Zwist über neue Konjunkturhilfen bremst die US-Wirtschaft. Die Erwartung, dass sich Demokraten und Republikaner in Teilbereichen einigen können, sorgte gestern für etwas mehr Zuversicht als an den Vortagen. Jüngste Wahlumfragen – nach dem Fernsehduell zwischen Mike Pence und Kamala Harris – zeigen einen soliden Vorsprung der Demokraten. Die Demokraten könnten nicht nur den Wettbewerb um die Präsidentschaft gewinnen, sondern auch eine Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus erlangen. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosengeld blieb in der Woche zum 3. Oktober mit 840.000 erneut ungewöhnlich hoch und sinkt von Woche zu Woche nur wenig. Deutlich positiver ist der erneut kräftige Rückgang der Arbeitslosengeldbezieher, deren Zahl innerhalb einer Woche ziemlich genau um eine Million auf 10,98 zurückging. Nachdem in Deutschland die Bestellungen im August deutlich über den Erwartungen lagen (+4,5% zum Vormonat) und die Industrieproduktion leicht geringer als erwartet ausfiel (-0,2% zum Vormonat), spiegeln die Exporte mit einem Plus vom 2,4% eine Belebung der Weltwirtschaft wider. Der Zuwachs war etwas stärker als erwartet. Aus dem Protokoll der letzten geldpolitischen Sitzung der EZB lässt sich wenig in Hinblick auf die künftige Geldpolitik herauslesen. In dem Protokoll wird auf eine klarere Datenlage zur nächsten Sitzung, Ende Oktober, verwiesen, was grundsätzlich auf die Bereitschaft hindeutet, die Geldpolitik nochmals anzupassen. Unter dem Strich haben die Daten aber bislang das Hauptszenario der EZB bestätigt und allenfalls leicht positiv überrascht. In der Summe dürfte das bedeuten, dass die EZB weiter abwarten wird. Eine geldpolitische Lockerung wird wohl erst im nächsten Jahr kommen.
Aktien
Heute keine relevanten Unternehmenstermine
Trotz klar steigender Neuinfektionszahlen in Europa werteten die europäischen Finanzmärkte die gestiegene Hoffnung auf ein Konjunktur-Stützungsprogramm in den USA höher. Der DAX landete 0,9% im Plus und wieder über der Marke von 13.000, der EuroStoxx 50 kam um 0,7% voran. Treiber waren vor allem zyklische Titel. Der im Golf von Mexiko drohende Hurrikan Delta ließ den Ölpreis um 3% steigen und machte den gebeutelten Energiesektor (+1,7%) zum Tagesgewinner. Daneben kamen auch Technologie (+1,4%), Telekom (+1,3%) und Finanzen (+1%) gut voran. Unter den besten Einzelwerten platzierten sich auch viele Zykliker. Im Dax waren das z.B. MTU (+3,4%), HeidelCement (+3,9%) oder BASF (2,7%). Delivery Hero (-3,3%) markierte das DAX-Ende. Auffällig im MDAX waren Nemetschek (+7,2%) und Lufthansa (+6,4%). Im Euro Stoxx 50 schoben sich mit Amadeus IT (+4,6%) und Adyen (+3,3) zwei Technologietitel nach ganz vorne. An der Wall Street setzte sich die freundliche Tendenz durch die Hoffnung auf zumindest ein “Konjunkturpäckchen” noch vor den Wahlen fort. Der Dow Jones und die Nasdaq legten 0,5% zu, der S&P 500 0,8%. Bester Sektor war mit weitem Abstand Energie (+3,8%), Versorger gewannen 1,8%. Mit 0,5% erreichten IT und zyklischer Konsum die geringsten Zuwächse. Beste Werte im Dow waren IBM (+6%) durch die Pläne, das IT-Infrastrukturgeschäft abzuspalten. Zugewinne über 2% verbuchten mit American Express und Goldman Sachs zwei Finanzwerte. Amgen bildete mit -6,8% das Schlusslicht im Dow. Hier belasteten enttäuschende Daten einer Studie zu einer Substanz gegen Herzinsuffizienz. In Fernost sind die Märkte uneinheitlich. Während Japan um 0,5% abgibt, steigen die Kurse in China bis zu 2%. Für Europa deuten sich gut gehaltene Indexniveaus an.