Deutschland - Auftragseingänge mit kräftigem Plus im August: Applaus, Applaus - VP Bank Kolumne
Der Auftragseingang für das deutsche verarbeitende Gewerbe legt im August um 4.5 % gegenüber dem Vormonat zu. Das ist der vierte Anstieg in Folge – was für die volatile Entwicklung der Auftragseingänge ungewöhnlich positiv ist. Das sind unzweifelhaft gute Nachrichten und verdient kräftigen Applaus. Der Erholungskurs bei den Auftragseingängen bleibt intakt. Für die deutsche Industrie ist das nach den schwierigen Lockdown-Monaten beruhigend. Die Corona-Scharte wird schrittweise ausgewetzt.
Auch ohne die Berücksichtigung von Großaufträgen lag das Plus bei den Neubestellungen sogar 4.5 % höher als im Juli 2020. Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Aufträge aus dem Inland um 1.7 %, die Auslandsaufträge erhöhten sich um 6.5 %. Dabei nahmen die Auftragseingänge aus der Eurozone um satte 14.6 % zu. Die Auftragseingänge aus dem restlichen Ausland stiegen um 1.5 % gegenüber Juli 2020.
Erfreulich ist auch, dass in der größten Branche des verarbeitenden Gewerbes, der Automobilindustrie, der Auftragseingang jetzt 0.3 % über dem Vorkrisenniveau vom Februar 2020 liegt. Für den Auftragseingang im Maschinenbau ergab sich gar eine sattes Plus von 11.4 % zum Vormonat. Allerdings bleibt die Bilanz gemessen gegenüber den Vorkrisenniveaus noch immer mau. Gegenüber Februar 2020 ist der Auftragseingang im Maschinenbau noch 5.8 % im Minus.
Doch bei aller Erleichterung über das vierte Plus in Folge: Grund zur überschwänglichen Freude besteht nicht. Die zweite Corona-Welle gewinnt an Intensität. Möglicherweise wird die Politik zu weiteren restriktiven Maßnahmen gezwungen sein, was wiederum Einfluss auf den wirtschaftlichen Fortgang hätte. Die noch immer offenen Verhandlungen mit Großbritannien über ein Folgeabkommen mit der EU könnten zum Jahresende gar noch zum großen Stolperstein werden. Ein harter Brexit ist noch nicht vom Tisch. Steht Großbritannien am 1. Januar 2020 vor verschlossenen EU-Türen, hat dies erhebliche negative wirtschaftliche Konsequenzen – auch auf Seiten der EU-Mitgliedsländer.
Mittelfristig bleibt aber die Umstellung auf die Elektroautomobilität der größte Belastungsfaktor für die deutsche Industrie. Der Wegfall des Verbrennungsmotors stellt das deutsche metallverarbeitende Gewerbe vor die größte Herausforderung seit dem zweiten Weltkrieg. Ganze Wertschöpfungsketten werden vernichtet. In Anbetracht der fehlenden Batteriezellenfertigung gibt Deutschland ein wichtiges Heft bei der Automobilherstellung aus der Hand. Dieser strukturelle Wandel bleibt noch lange Zeit ein übergeordneter Belastungsfaktor für die Auftragseingänge.