Grenke: Zerbricht das fragile Refinanzierungs-Kartenhaus?

An der Börse wächst die Spannung im Fall „Grenke vs. Viceroy”. Am Nachmittag will die Gesellschaft aus Baden-Baden eine Investoren- und Analystenkonferenz veranstalten. Bis jetzt steht allerdings noch keine genaue Uhrzeit fest. Ein Zeichen, dass man in der Konzernzentrale von der Wucht der Anschuldigungen, die Fraser Perrings Viceroy Research in dieser Woche veröffentlicht hat, wir berichteten, völlig überrascht wurde. Trotz des gestrigen ersten ausführlicheren Statements, das vom Konzerngründer und Großaktionär Wolfgang Grenke stammt, hat das Leasing- und Factoring-Unternehmen in der Verteidigung gegen die Viceroy-Vorwürfe kommunikativ bisher nicht gerade geglänzt. Kein Wunder also, dass Grenkes Aktien trotz der gestrigen Kurserholung immer noch weit unter dem Stand von Anfang der Woche notieren, aktuell bei 33,86 Euro.
Einige entscheidende Fragen sind offen, die Grenke bisher nicht beantworten konnte oder wollte - oder noch nach den „richtigen” Formulierungen sucht. Während manche Beobachter die Vorwürfe insbesondere im Bereich der Cash-Bestände für übertrieben halten, sind vor allem zwei Themenkomplexe weiter ein Problem für den süddeutschen Konzern.
Zum einen das Investorenvertrauen. Wie jeder Finanzdienstleister auch ist Grenke bzw. die Grenke Bank des Konzerns auf wettbewerbsfähige Refinanzierungsmöglichkeiten angewiesen. Der Viceroy-Report hat das Vertrauen nun massiv untergraben. Klar, Perring, der hinter Viceroy steht, ist short in der Grenke Aktie, verdient am Kursverfall des Papiers gut und mancher bescheinigt ihm teils fragwürdige Geschäftsmethoden, was auch zutreffen dürfte. Auf der anderen Seite warnte der Shortseller früh vor dem Wirecard-Betrug und half entscheidend, die Bilanzmanipulationen bei Steinhoff aufzudecken - einem zweiten milliardenschweren Finanzskandal der letzten Jahre. Perring hat sich damit, allen brachialen Methoden zum Trotz, durchaus Vertrauen aufgebaut.
Es ist dieser Faktor, der Grenke gerade zum Problem wird. Mittlerweile hat sogar die Ratingagentur S&P das Rating für Grenke unter Beobachtung gesetzt mit dem Verweis auf eine mögliche Abstufung. Die Anleihen sind ebenso tief im Kurs gefallen wie die Aktie der Süddeutschen. Kann Grenke das Problem durch klare und unanfechtbare sachliche Dementis nicht kurzfristig aus der Welt schaffen, wird der Finanzdienstleister auf der Refinanzierungsseite deutliche Probleme bekommen. Das könnte mindestens die Profitabilität des MDAX-notierten Unternehmens wackeln lassen, wenn nicht gar das fragile Refinanzierungs-Kartenhaus einstürzen lassen. Ein nicht zu unterschätzendes Risiko, insbesondere da Perring nicht dafür bekannt ist, sich schnell zurückzuziehen.
Zum anderen ist der Komplex der Drittpartnergeschäfte ein großer Haufen von Fragen - und das erinnert, inklusive der Grenke-Franchises im Ausland, unschön an die Wirecard-Story. Im Fokus stehen dabei vor allem zwei Gesellschaften, die mittlerweile dem Grenke-Gründer, langjährigen Vorstandsvorsitzenden und stellvertretenden Aufsichtsratschef Wolfgang Grenke gehören: Die Schweizer Sacoma AG und die CTP-Handels- und Beteiligungs GmbH aus Wien. Die Gesellschaften spielen Schlüsselrollen beim Aufbau der Finanzierung der Auslands-Franchises von Grenke, die Franchise-Gesellschaften werden zudem meist von ehemaligen Grenke-Mitarbeitern geführt.
Die große und bisher unbeantwortete Frage ist: Wer hat diese in den letzten Jahren kontrolliert, bevor Wolfgang Grenke sie direkt und indirekt übernommen hat? Wer sind die Verkäufer? Wie waren die finanziellen Details der Käufe und vor allem der Franchise-Deals zwischen den beteiligten diversen Gesellschaften, inklusive der Grenke AG? Und vor allem: Welche Rolle spielte dabei bitte Corina Stingaciu, laut Grenkes gestriger Stellungnahme zum Viceroy-Report einer „persönlichen Vertrauten von Herrn Grenke”, über die aber nahezu nichts Näheres bekannt ist außer ihrer Funktion bei der Garuna AG, die offenbar die gleiche Adresse hat wie Grenkes Sacoma AG? Grenke muss hier schnell, umfassend und transparent informieren, wenn man die Kuh vom Eis bekommen will. Sonst, siehe oben, drohen ganz andere Probleme.