Steinhoff International bestätigt Spekulationen - aber hohe Risiken bleiben
Nach dem Ende 2017 aufgedeckten Bilanzskandal bei Steinhoff International ächzt der Konzern weiter unter den „Altlasten”, insbesondere hohen Schulden und einer Prozesslawine, in der es um zusammen rund 10 Milliarden Euro gehen soll. Ein Bloomberg-Bericht vom Freitag hat nun Spekulationen in Gang gesetzt, dass das niederländisch-südafrikanische Unternehmen vor einer Einigung mit den diversen Klägern stehen könnte - darunter der frühere Chairman und Ex-Großaktionär Christo Wiese, der 3,5 Millionen Dollar von Steinhoff haben will, obwohl der Bilanzskandal in seine Ära als Chairman fiel - Wiese sieht sich vom alten Vorstand der Gesellschaft getäuscht.
Steinhoff bietet den Klägern im Gegenzug für eine Beendigung der Streitigkeiten wohl zum einen Cash, zum anderen Anteile an einer der wichtigsten Tochtergesellschaften des Unternehmens: Dem südafrikanischen Einzelhandelskonzern Pepkor Holdings. Aktuell hält Steinhoff International mit 68 Prozent der Anteile die Mehrheit an der Gesellschaft.
Die Nachrichten hatten am Freitag zu deutlichen Kursgewinnen bei Steinhoffs Aktien geführt. Steinhoff bestätigt die Verhandlungen, warnt in einem Statement am Montagmorgen aber davor, dass die Verhandlungen bisher nicht zu einem Erfolg geführt haben. „Es ist nach wie vor ungewiss, ob ein Vergleichsvorschlag angekündigt wird oder ob eine Einigung von den Interessengruppen der Gruppe unterstützt wird”, heißt es von Seiten des Unternehmens, dessen Aktien trotz der immer noch Vorhandenen Aufräumarbeiten nach dem Bilanzskandal im SDAX enthalten sind. Man sei weiter der Ansicht, dass eine Einigung zu für den Steinhoff-Vorstand akzeptablen Bedingungen im besten Interesse der Steinhoff-Gruppe und ihrer Stakeholder liege.
Allerdings wäre das Unternehmen nach einer eventuellen Einigung bei Weitem nicht alle Sorgen los, denn da sind weiter die milliardenschweren Schulden, die abgetragen werden müssen und auf die Steinhoff International derzeit hohe Zinsen zahlen muss. Wird Pekor Holdings abgegeben, schwindet eine „Perle” aus dem nach zahlreichen Beteiligungsverkäufen nicht mehr ganz so weit verzweigten Konzerngeflecht Steinhoffs. Das Unternehmen hält unter anderem noch Beteiligungen an der europäischen Pepco-Gruppe (u.a. Poundland). Pläne, die Pepco-Tochter per IPO zu Geld zu machen, scheiterten an den Folgen der Corona-Krise. Es ist fraglich, ob diese ausreichen würden, um die Gesellschaft in ihrer Existenz zu sichern, den Schuldenberg zu bedienen und auch noch für Aktionäre eine Rendite zu erzielen.
Die Zweifel hat auch der Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft. Steinhoff International wies in der zuletzt veröffentlichten Bilanz für das Geschäftsjahr 2018/2019 einen hohen Verlust aus. Diese stieg sogar und erreichte 1,84 Milliarden Euro nach 1,19 Milliarden Euro im vorangegangenen Jahr. Vom Wirtschaftsprüfer gab es für die Bilanz kein bestätigendes Testat. Man war „nicht in der Lage, ausreichend geeignete Prüfungsnachweise zu erlangen, um eine Grundlage für ein Prüfungsurteil über den Jahresabschluss als Ganzes zu erhalten”, so Mazars und verweist in Steinhoffs Bilanz für 2018/2019 auf verschiedene große Unsicherheiten. An der Fortführbarkeit der Gesellschaft haben die Wirtschaftsprüfer ihre Zweifel. Anleger sollten dies nicht übersehen, wenn sie mit Steinhoffs Aktien „zocken” wollen. Die Risiken bleiben hoch.