Wirecard: Die Banklizenz scheint in Gefahr - Aktie rauscht wieder in den Keller
Die schlechten Nachrichten für Wirecard reißen nicht ab. Dass sich die Kunden des Aschheimer Payment-Dienstleisters das Geschehen rund um Wirecards Bilanzskandal nicht gelassen anschauen werden, war zu erwarten. Erste größere Kunden wenden sich nun ab. Wie „Bloomberg” berichtet, wird der Uber-Konkurrent Grab Holding aus Singapur im Rahmen der Wirecard-Partnerschaft erst einmal keine Integrationsarbeiten vornehmen. Der französische Telekom-Konzern Orange soll bereits kurz vor der Vereinbarung einer neuen Partnerschaft mit einem Wirecard-Konkurrenten stehen, womit die Aschheimer auch hier außen vor wären. Andere Kunden wie die Aldi-Gruppe sind ebenfalls nervös und stehen in Gesprächen mit dem krisengeschüttelten DAX-Konzern, dessen Banklizenz (Wirecard Bank) aktuell alles andere als ungefährdet erscheint.
Dass die BaFin nun die Strafanzeige gegen Wirecard um den Verdacht der Marktmanipulation erweitert hat, verschlechtert die Lage des Payment-Dienstleisters massiv. Damit reagiert die Behörde auf jüngste Meldungen von Wirecard zum Bilanzskandal: Wirecard hatte in einer Ad-Hoc-Mitteilung vom 22. Juni eingeräumt, dass „die bisher zugunsten von Wirecard ausgewiesenen Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von insg. 1,9 Mrd. Euro mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bestehen”. Auch beim seit Jahren umstrittenen Drittpartnergeschäft weicht Wirecard von seiner bisherigen Verteidigungsposition ab und räumt ein, dass „die bisherigen Beschreibungen des sog. Drittpartnergeschäfts (Third Party Aquiring) durch die Gesellschaft unzutreffend sind”. Man untersuche, „ob, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang dieses Geschäft tatsächlich zugunsten der Gesellschaft geführt wurde”, so Wirecard - im Klartext: Um welchen Betrag die bisherigen Zahlen zu hoch ausgewiesen wurden.
Entzieht die BaFin Wirecard die Erlaubnis für Bankgeschäfte?
Das Schicksal des noch im DAX notierten Fintech-Konzerns hängt damit weiter am seidenen Faden: Kurzfristig wird entscheidend sein, ob die Wirecard-finanzierenden Banken das Unternehmen weiter finanziell stützen oder ihre Kredite doch fällig stellen - was möglich wäre, nachdem Wirecard gegen Kreditnebenvereinbarungen, sogenannte Covenants, verstoßen hat. Passiert dies, gerät Wirecard in Insolvenzgefahr. Darüber hinaus wird entscheidend sein, ob die BaFin dem Konzern die Banklizenz entzieht, oder diese belässt - bisher hat sich die Aufsichtsbehörde trotz der laufenden Ermittlungen hierzu nicht geäußert.
Die Verhandlungen Wirecards mit den Banken und auch das Verhalten der Anleger, die bei Wirecard Bankeinlagen von - laut Neunmonatsbilanz 2019 - mehr als 1,7 Milliarden Euro unterhalten, könnten hier das Zünglein an der Waage spielen. Gerät der Konzern durch starken Abzug von Einlagen durch Privatkunden oder eine Kreditkündigung in Geldnot, ist die Banklizenz und damit Wirecards Geschäftsgrundlage endgültig auf das Höchste gefährdet.
Nach der jüngsten Erholungsbewegung der Wirecard Aktie vom Crash-Tief bei 12,995 Euro auf heute zwischenzeitlich erreichte 19,80 Euro sinkt Wirecards Aktienkurs im Tagesverlauf am Mittwoch wieder in den Keller. Das bisherige Tagestief notiert bei 13,332 Euro.