US-Einzelhandelsumsätze: Hinweise auf das Ende einer „Blitz-Rezession“? - Nord LB Kolumne
Vor einigen Minuten sind in den USA aktuelle Daten zur Entwicklung der Einzelhandelsumsätze im Berichtsmonat Mai über die Nachrichtenticker gelaufen. Aufgrund der ausgeprägten Schwäche im Vormonat und der im Mai in vielen Bundesstaaten eingeleiteten Öffnung der Wirtschaft nach dem „Lockdown“ war grundsätzlich mit erfreulichen Zahlen zum Konsumverhalten in den USA zu rechnen gewesen. Der nun gemeldete Anstieg der Headline-Zeitreihe um sehr beachtliche 17,7% M/M stellt aber trotz der bereits ambitionierten Erwartungshaltung der interessierten Beobachter eine extrem positive Überraschung dar – zumal die Daten für April nach oben revidiert worden sind (von -16,4% M/M auf nun -14,7% M/M). Der US-Konsument scheint somit wieder eine verlässliche tragende Säule des Aufschwungs in den Vereinigten Staaten werden zu können. Dies sind auch gute Nachrichten für die Weltwirtschaft.
Die Details der Zahlen offenbaren ebenfalls einige sehr erfreuliche Fakten. So zogen die Umsätze der US-Autohäuser am aktuellen Rand um beachtliche 44,1% M/M an. Zwar hatte es Indikationen gegeben, die eine signifikanten Anstieg der Absatzzahlen angedeutet hatten, die soeben gemeldeten Daten sind aber dennoch eine mehr als positive Überraschung. Exklusive Automobile lag der Anstieg der Einzelhandelsumsätze im Mai immerhin auch noch bei starken 12,4% M/M.
Auch bei den beiden eng mit dem US-Immobilienmarkt verknüpften Untergruppen Möbel und Baumaterialien gab es ausgeprägte Zuwächse zu beobachten. Erstere Zeitreihe zog am aktuellen Rand sogar um extrem erfreuliche 89,7% M/M an. Dieser regelrechte positive Nachfrageschock wird aber zumindest partiell durch die Schwäche in den beiden Vormonaten relativiert. Die Umsätze mit Baumaterialien legten am aktuellen Rand zwar „nur“ um 10,9% M/M zu, hier gab es im April und März aber keine ausgeprägte Schwäche. Folglich notiert die Jahresrate bei dieser Zeitreihe im Mai bei beachtlichen +10,8% M/M. Diese erfreuliche Entwicklung passt sehr gut zu unseren Einschätzungen bezüglich der Wirtschaftslage der Vereinigten Staaten. In der Tat hatten wir immer betont, dass der Hausmarkt in den USA eine wichtige Rolle im Aufschwung nach der Coronavirus-Krise spielen dürfte.
Die für die BIP-Erhebung in den USA zentrale „Kontrollgruppe“ der Einzelhandelsumsätze zog im Mai um 11,0% M/M an. Dies ist ohne jeden Zweifel eine sehr erfreuliche Überraschung. In der Tat scheint die US-Ökonomie die aktuelle Krise bereits im Mai weitgehend überwunden zu haben. Die Coronavirus-Pandemie könnte somit als eine Art „Blitz-Rezession“ in die Lehrbücher der Wirtschaftsgeschichte eingehen.
Fazit: Trotz der bereits ambitionierten Erwartungshaltung haben die Zahlen zur Entwicklung der US-Einzelhandelsumsätzen im Mai mit einem Anstieg um 17,7% M/M sehr positiv überraschen können. Der Konsument scheint somit wieder einmal die Rolle der tragenden Säule für die nordamerikanische Wirtschaft annehmen zu wollen. Die Coronavirus-Pandemie könnte somit als eine Art „Blitz-Rezession“ in die Lehrbücher der Wirtschaftsgeschichte eingehen, die fast schon überstanden ist, bevor sie eigentlich begonnen hat. Noch gibt es aber natürlich weiterhin Risiken für den Aufschwung. In diesem Kontext ist vor allem die gefürchtete zweite Welle bei den Infektionen mit dem Virus zu nennen. Dennoch muss festgehalten werden, dass die aktuellen Wirtschaftsdaten aus den USA in der Summe seit einiger Zeit sehr positiv überraschen. Die Konjunktur mag zwar eigentlich ein zu komplexes Phänomen sein, um sie angemessen mit nur einem Buchstaben des Alphabets zu beschreiben, die jüngsten US-Indikatoren deuten aber doch schon auf eine V-Erholung hin!