EZB weitet PEPP deutlich aus – europäische Politik tritt Krise kraftvoll entgegen - Nord LB Kolumne
Der Rat der Europäischen Zentralbank hat heute wie erwartet eine deutliche Ausweitung des Sonderkaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) beschlossen. Das Ankaufvolumen für das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) wurde um EUR 600 Mrd. auf EUR 1.350 Mrd. ausgeweitet. Zudem wurde der Ankaufzeitraum für das PEPP um ein halbes Jahr ausgedehnt, das Programm läuft somit mindestens bis zur Jahresmitte 2021. Bei den Käufen behält sich die EZB hohe Flexibilität bezüglich des zeitlichen Ablaufs sowie der Verteilung über Assetklassen sowie Länder vor.
Die Leitzinsen blieben erneut unverändert, der Hauptrefinanzierungssatz verharrt somit bei 0,00% und der Satz der Einlagefazilität bei -0,50%. Auch die Rahmendaten für die Anleiheankäufe im Rahmen des EAPP wurden nicht angepasst, dies gilt auch für die Ankaufgeschwindigkeit. Die heutigen Beschlüsse liegen damit weitgehend im Rahmen der Erwartungen.
Angesprochen auf das PSPP-Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwies EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der das PSPP durch das Mandat der EZB gedeckt sah. Zugleich zeigte sie sich optimistisch, dass eine Lösung für das PSPP gefunden werden kann, die den Anforderungen des Urteils genüge und zugleich die Unabhängigkeit der EZB nicht unterminiert. Wir gehen davon aus, dass die Bundesbank hierbei eine entscheidende Rolle spielen dürfte.
Die EZB hat heute zudem turnusmäßig ihre neuen Projektionen veröffentlicht, die natürlich unter dem Eindruck der Entwicklungen in den letzten Monaten massiv angepasst werden mussten. Im Basisszenario rechnet die EZB nunmehr mit einem BIP-Einbruch in 2020 von -8,7%, gefolgt von einer kräftigen Erholung in 2021 (+5,2%) und 2022 (+3,3%). Hinsichtlich der Preisniveauentwicklung erwartet die EZB infolge der Wirtschaftskrise auf längere Sicht eine deutliche Unterschreitung ihres mittelfristigen Inflationsziels von knapp 2,0%. Die Inflationsprognose liegt für 2020 bei 0,3% sowie für 2021 bei 0,8%. Selbst für das Jahr 2022 wird nur eine mittlere Inflationsrate von 1,3% unterstellt. Diese neuen Projektionen liegen nicht weit entfernt von unserem Basisszenario, unterliegen jedoch wegen der ungewissen Pandemieentwicklung einer ungewöhnlich hohen Unsicherheit.
Die heutigen Entscheidungen des EZB-Rates wurden vor dem Hintergrund einer massiven Verschlechterung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds getroffen. Das BIP der Eurozone brach bereits im ersten Quartal um -3,8% Q/Q ein. Nach einem weiteren massiven Rückgang im April waren im Mai vermehrt Zeichen einer allmählichen Stabilisierung auf niedrigem Niveau zu vernehmen. Gleichwohl wird es im zweiten Quartal einen beispiellosen Einbruch der realen Wirtschaftsleistung geben.
Die EZB hat mit der Ausweitung des PEPP erneut gezeigt, dass sie entschlossen ist, ihren Beitrag im Kampf gegen die schwerste Wirtschaftskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg zu leisten. Ausgehend von der Ankaufgeschwindigkeit in den vergangenen Wochen geben die heutigen Beschlüsse ein gutes Polster, so dass voraussichtlich kurzfristig nicht mehr nachgesteuert werden muss. Nunmehr liegt der Ball wieder bei der Fiskalpolitik. Mit dem gestern beschlossenen Konjunkturpaket hat die deutsche Regierung ein kraftvolles konjunkturpolitisches Zeichen gesetzt, das auch positive Effekte für die gesamte Eurozone haben wird. Nun gilt es, eine Einigung über den Vorschlag der EU-Kommission zu erzielen.
Fazit: Die EZB hat auf ihrer heutigen Sitzung wie erwartet eine deutliche Ausweitung des Sonderankaufprogramms PEPP beschlossen. So wurde das Gesamtvolumen um EUR 600 Mrd. fast verdoppelt und die Mindestlaufzeit bis Mitte 2021 verlängert. Hintergrund ist die schwere Wirtschaftskrise infolge der Pandemie. Die EZB unterstreicht mit ihren Beschlüssen erneut, dass sie ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten wird, die Fiskalpolitik ist ebenfalls auf einem guten Weg. Zugleich zeigte sich EZB-Präsidentin Lagarde unbeeindruckt vom Karlsruher Urteil zum PSPP, erwartet aber eine „gute Lösung“ des Konflikts.