Wirecard spricht Klartext: Was das Unternehmen zum KPMG-Audit zu sagen hat
Wirecard wollte mit der von KPMG durchgeführten forensischen Untersuchung der Bilanzmanipulationsvorwürfe endgültig einen Strich unter das Kapitel ziehen, das seit dem ersten Bericht hierüber in der „Financial Times” Ende Januar 2019 das Geschehen bei dem DAX-Konzern immer wieder prägt. Doch statt des Befreiungsschlags gab es heftige Kritik an Wirecard - erst von KPMG, unter anderem was die Zusammenarbeit des Fintech-Konzerns mit den Prüfern angeht (wir berichteten), dann von der Börse, die das Audit-Ergebnis mit einer Verkaufwelle in der Wirecard Aktie quittierte. Der DAX-Wert raste binnen zweier Handelstage von 132,10 Euro auf 84,08 Euro und erreichte damit fast wieder das Corona-Crashtief.
Es war wohl auch diese Reaktion, die Wirecard am Wochenende nun noch einmal zu einem Statement zu den Audit-Ergebnissen veranlasst hat, die man wie auch das KPMG-Auditergebnis auf der eigenen Homepage in der Sektion „Transparenz” veröffentlicht hat. In der Stellungnahme weist man noch einmal Kritik und Zweifel an den eigenen Bilanzen zurück. „Nach der Untersuchung von KPMG ist neben den vorgenannten Compliance- und Organisationsmängeln, die zurecht festgestellt wurden, festzuhalten, dass sich keine der in der Öffentlichkeit seit dem 30. Januar 2019 kursierenden Beschuldigungen und Verdächtigungen bestätigt haben”, so Wirecard. Man nehme die im Bericht geäußerte Kritik an den internen Prozessen und den Mängeln in der Governance sehr ernst, kommentiert Wirecard den KPMG-Bericht weiter.
Was nun zu erwarten ist: Wirecards Aktienkurs dürfte weiter volatil bleiben. Nach dem jüngsten drastischen Kurssturz bis fast ans Corona-Crashtief bestehen eventuell sogar Erholungschancen für die Wirecard Aktie, zumal sich oberhalb des Crashtiefs bei 79,68 Euro starke Unterstützung zeigen könnte. Aktuell liegen die Indikationen zur frühen Stunde am Montagmorgen für Wirecards Aktienkurs bei 92,00/93,00 Euro über dem XETRA-Schlusskurs vom Donnerstag (90,40 Euro, +0,75 Prozent). Dass Wirecard mit der am Wochenende veröffentlichten Stellungnahme die öffentliche Stimmung nun zu ihrem Gunsten herum reißt, scheint indes weniger wahrscheinlich. KPMG sprach im Report zur forensischen Prüfung ebenfalls Klartext, wie nun auch Wirecard aus eigener Sicht, wer den Report gelesen hat, wird sich von Wirecards nun veröffentlichter Stellungnahme kaum beeinflussen lassen - diese resümiert nur noch einmal einige Punkte aus dem Report aus Sicht der Gesellschaft. Über den Tag hinaus wird die Börse sich die weiteren Schritte und Konsequenzen des Unternehmens genau anschauen, zum Beispiel ob die Verantwortung für die Geschehnisse personelle Konsequenzen in der Konzernspitze haben werden - über den bereits an der Aufsichtsratsspitze vollzogenen und der vor wenigen Tagen angekündigten weiteren Veränderung im Aufsichtsrat hinaus.
Wir zitieren an dieser Stelle ungekürzt aus der Stellungnahme von Wirecard die aus Sicht des Unternehmens wesentlichen sieben Punkte aus dem Ergebnis des KPMG-Audits:
Link zum Ergebnis des KPMG-Audits (PDF-Datei): Hier klicken!
Link zur Stellungnahme von Wirecard (PDF-Datei): Hier klicken!
- „Die Existenz und die Höhe der Umsatzerlöse aus den TPA-Geschäftsbeziehungen wurden für die Jahre 2016 bis 2018 im Sinne einer Jahresabschlussprüfung nachgewiesen.
- Im Zuge ihrer forensischen Prüfung hat KPMG für 97 Prozent der untersuchten Kunden deren Existenz zweifelsfrei belegen können.
- Aufgrund der von KPMG durchgeführten Datenanalyse, bezogen auf Dezember 2019, hat sich kein Anlass ergeben, an der Authentizität der bereitgestellten Daten zu zweifeln.
- Wirecard bilanziert korrekt: Die Bilanzierung unseres Drittpartnergeschäfts ist durch externe Rechtsgutachten sowie durch eine gutachterliche Stellungnahme zur Anwendung von IFRS im Falle von Treuhandkonten untermauert.
- KPMG konnte im Rahmen der Untersuchung nicht feststellen, dass Kreditbeträge zu Kreislaufbuchungen (Round-Tripping) genutzt wurden.
- KPMG hat keine weiteren Feststellungen bezüglich Singapur getroffen, die über das hinausgehen, was bereits im Jahresabschluss 2018 berücksichtigt und von EY Audit im Rahmen der Jahresabschlussprüfung angemerkt wurde. Eine weitergehende Untersuchung dieser Sachverhalte ist auf Basis der KPMG zur Verfügung gestellten Unterlagen nach Einschätzung von KPMG zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr erforderlich.
- Nach den KPMG vorgelegten Unterlagen und den durchgeführten Untersuchungshandlungen ergaben sich zudem keine Anhaltspunkte auf Kreislaufbuchungen (Round-Tripping) in Indien.”