ifo Geschäftsklima: Deutsche Wirtschaft im April schockgefroren - Nord LB Kolumne
Soeben hat das Münchner ifo-Institut aktuelle Ergebnisse seiner Umfrage unter rund 9.000 deutschen Unternehmen veröffentlicht. Im Berichtsmonat April – in dem die deutsche Wirtschaft durch die Eindämmungsmaßnahmen gegen das Coronavirus regelrecht schockgefroren wurde – ist die Stimmung unter den deutschen Unternehmen in den Keller gerauscht. Das Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft ist im April auf ein Rekordtief von nur noch 74,3 Punkten abgestürzt. Der Rückgang geht auf beide Teilkomponenten zurück. Die aktuelle Geschäftsbeurteilung wird mit 79,5 Punkten erheblich schlechter beurteilt als im März. Und auch die auf die Entwicklung in sechs Monaten gerichteten Geschäftserwartungen haben sich nochmals auf nur noch 69,4 Punkte verringert.
Die sektorale Betrachtung zeigt, dass praktisch alle Bereiche der deutschen Wirtschaft hart und auf breiter Front von der aktuellen Krise getroffen wurden. Es leiden aktuell zwar ganz besonders die direkt von der Pandemie bzw. den ergriffenen Eindämmungsmaßnahmen betroffenen Unternehmen im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie der Reise- und Tourismusbranche, aber eben nicht nur. Ein breiter Nachfrageeinbruch, unterbrochene Lieferketten und eine extrem hohe Unsicherheit bezüglich der weiteren gesamtwirtschaftlichen Perspektiven haben auch in der Industrie, im Handel und im Bauhauptgewerbe tiefe Spuren hinterlassen.
Die Ergebnisse der ifo-Umfrage liegen auf einer Linie mit den bereits gestern von Markit publizierten Umfragedaten zur Stimmung unter den deutschen Einkaufsmanagern. Im April sind die Einkaufsmanagerindizes infolge der pandemiebedingten Shutdowns ähnlich tief eingebrochen. Der Dienstleister-Index sackte dramatisch auf 15,9 Punkte ab und zeichnet damit ein Bild eines katastrophalen Einbruchs im April. Der PMI Industrie sackte zwar „nur“ auf 34,4 Punkte ab, hierbei muss aber berücksichtigt werden, dass in den Hauptindex Industrie die Teilkomponenten Lieferzeiten und Lager eingehen. Betrachtet man nur die Produktionskomponente, so ergibt sich auch für die Industrie ein historischer Einbruch (von 41,0 auf nur noch 19,4 Punkte).
In der Summe ist es im April infolge der Eindämmungsmaßnahmen in der Eurozone schlagartig zu dem stärksten Einbruch der gesamtwirtschaftlichen Aktivität gekommen. Die extrem hohe Anzahl von Anzeigen auf Kurzarbeit deutet in die gleiche Richtung. Trotz des sehr wirkungsvollen Instruments Kurzarbeit wird aber auch die Zahl der Beschäftigten abnehmen und ein spürbarer Anstieg der Arbeitslosigkeit festzustellen sein. Dies dämpft bereits jetzt massiv das Konsumklima: Das GfK-Verbrauchervertrauen etwa befindet sich regelrecht im freien Fall und rutschte auf -23,4 Punkte abwärts. Die größte Gefahr der aktuellen Krise für die Wirtschaft stellen Spillover- und Hysterese-Effekte dar. Dies weitgehend zu verhindern ist die vordringlichste Aufgabe der Wirtschaftspolitik.
Leider fällt der Stimmungseinbruch im April noch drastischer als unsere ohnehin pessimistischen Erwartungen aus. Trotz erster Versuche, die rigiden Eindämmungsmaßnahmen sukzessive etwas zu lockern, ist ein Absturz in die tiefste konjunkturelle Krise für Deutschland nicht mehr abzuwenden. Wir rechnen für das Jahr 2020 mit dem stärksten BIP-Einbruch seit dem zweiten Weltkrieg. Sofern bald weitere Lockerungen möglich werden, ohne eine zweite Infektionswelle zu riskieren, stehen jedoch die Chancen für eine kraftvolle Erholung zumindest für Deutschland nicht schlecht.
Fazit: Der ifo-Geschäftsklimaindex ist im April auf ein Rekordtief von 74,3 Punkten gesunken. Sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen sind wegen der zur Eindämmung der Pandemie ergriffenen Maßnahmen regelrecht abgestürzt. Nennenswerte sektorale Differenzierungen sind bereits jetzt fast nicht mehr möglich. Auf breiter Front ist die wirtschaftliche Aktivität in den vergangenen Wochen eingebrochen, teilweise gar ganz zum Erliegen gekommen. Trotz aller Prognoseschwierigkeiten bestätigt sich, dass wir uns inmitten der schärfsten konjunkturellen Krise seit dem zweiten Weltkrieg befinden.