Royal Dutch Shell & Co.: Ölindustrie ächzt wegen Ölpreis-Kollaps - Commerzbank Kolumne
Es ist nicht übertrieben, dass sich die Ölindustrie in ihrer größten Krise in den letzten 100 Jahren befindet. Während viele Staaten die Ausbreitung des neuen Coronavirus durch Ausgangssperren und Isolation bremsen wollen, stellt die Ölindustrie fest, dass der Kraftstoffbedarf schneller sinkt als jemals zuvor. So hat sich der Brent-Ölpreis seit Jahresanfang infolge des Nachfrageschocks, aber auch wegen Streitigkeiten zwischen Saudi-Arabien und Russland (um Produktionskürzungen), mehr als halbiert. In „normalen Zeiten“ beträgt der globale Ölverbrauch über 100 Mio. Barrel Öläquivalent /Tag (boed). Die Internationale Energiebehörde (IEA) hat berechnet, dass sich der Nachfragerückgang im April auf 29 Mio. boed belaufen dürfte, was einen Rückgang im zweiten Quartal um 23 Mio. boed erwarten lässt und für 2020 um 9,3 Mio. boed. Die Öl- und Gas-Unternehmen stellen sich auf das schwierige Marktumfeld ein und reagieren mit kräftigen Investitionskürzungen, neuen Kosteneinsparungen und dem Aussetzen von Aktienrückkäufen. An den bisherigen Dividendenplänen halten die integrierten Öl- und Gasgesellschaften noch fest, Unternehmen aus anderen Sub-Sektoren (Exploration & Produktion, Öl Services) haben ihre Dividenden teilweise schon gekürzt. Kurzfristig ruhen die Hoffnungen der Ölindustrie darauf, dass im 2. Halbjahr eine Normalisierung der Wirtschaft eintreten wird (Geschäfte dürfen wieder öffnen, Industrieproduktion erholt sich, Reisemobilität steigt usw.) und die Nachfrage nach Öl wieder zunimmt. Die mögliche Erholung der Ölpreise könnte aber zäher verlaufen als gedacht (z.B. hohe Lagerbestände; Risiko, dass beschlossene Öl-Produktionskürzungen von OPEC+ nur unzureichend befolgt werden). Die Öl- und Gasunternehmen dürften ihre mittelfristigen Strategie-Pläne umschreiben müssen. Nicht das Wachstum, sondern solide Bilanzen dürften vorerst im Fokus stehen.
Anleihen
Frankreich: Einkaufsmanagerindizes (Apr), 9:15 Uhr
Deutschland: Einkaufsmanagerindizes (Apr), 9:15 Uhr
Euroraum: Einkaufsmanagerindizes (Apr), 10:00 Uhr
USA: Erstanträge, Arbeitslosengeld (18.4.), 14:30 Uhr
USA: Neubauverkäufe (Mrz), 16:00 Uhr
Der Ölpreis hat sich gestern auf niedrigem Niveau stabilisiert und trug damit ebenso positiv zur Marktstimmung bei, wie weitere Konjunkturhilfen in den USA. Auch in Deutschland wurden zusätzliche Hilfen – u.a. ein erhöhtes Kurzarbeitergeld – beschlossen. Der nächste US-Arbeitsmarktbericht dürfte einen gigantischen Anstieg der Arbeitslosigkeit in den USA zeigen. Der Märzbericht fiel noch relativ milde aus, da viele Kündigungen erst nach dem Stichtag der Erhebung erfolgten. Die Erstanträge auf Arbeitslosengeld zeigen, dass über 20 Millionen Amerikaner ihre Stellung verloren haben. Die Arbeitslosenquote dürfte mithin 18% erreicht haben – so hoch wie zuletzt zur „Great Depression“ in den 30er Jahren. Heute werden die Erstanträge in der Woche zum 18. April veröffentlicht. Für viele Betriebe dürfte dies die letzte Woche sein, die noch in den Aprilbericht einfließt. Die Zahl der Arbeitslosen könnte sich entsprechend um weitere 4-5 Millionen erhöhen. Jedoch werden sich nicht alle, die ihre Stelle verloren haben, auch arbeitssuchend melden. Sie fallen dann aus der Statistik zur Berechnung der Arbeitslosenquote heraus. Die amtliche Quote wird daher wohl deutlich unter 20% liegen. Die europäischen Einkaufsmanagerindizes haben zwar schon im März eine deutliche Korrektur gezeigt. Allerdings war vor allem der Dienstleistungssektor negativ von den Quarantänemaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus betroffen. Die im April erhobenen Zahlen dürften nun einen stärkeren Effekt für die Industrie zeigen, denn angesichts fehlender Nachfrage und zerreißender Lieferketten dürften viele Betriebe im April ihre Produktion eingeschränkt haben.
Aktien
Credit Suisse Group, Ergebnis Q1
Intel, Ergebnis Q1
Saint-Gobain, Umsatz Q1
Schneider Electric, Umsatz Q1
Unilever, Trading Statement Q1
Vinci, Umsatz Q1
Trotz der am Morgen weiter gefallenen Ölpreise konnten sich die europäischen Aktienbörsen teilweise von den deutlichen Kursverlusten des Vortags erholen. Einerseits stützte ein weiteres Konjunkturpaket der USA in Höhe von 480 Mrd. USD zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise, doch auch Unternehmensnachrichten sorgten punktuell für steigende Kurse. So standen die Aktien des gestrigen Indexschlusslichts Infineon (+5,7%) nach einer positiv aufgenommenen Umsatzprognose des Wettbewerbers STMicroelectronics an der Spitze des Dax 30. Auch im MDax (Siltronic, +6,9%) und im SDax Aixtron, +6,9%) konnten Halbleiterwerte deutlich zulegen. Im Euroraum schlossen dann letztendlich die meisten Branchen im Plus. Lediglich Nahrung (-0,7%), Handel und Reise/Freizeit (je -0,5%) verbuchten leichte Verluste. Mit den sich im Handelsverlauf wieder stabilisierenden Ölpreisen konnte der Energiesektor (+4,6%) am meisten zulegen. Stärkster Einzelwert im EUROSTOXX 50 war die Aktie von CRH (+7,1%). Der irische Baustoffkonzern überzeugte mit einem soliden Jahresstart sowie mit seinen Maßnahmen zur Eindämmung des zu erwartenden Geschäftseinbruchs. Auch an der Wall Street sorgte die Erholung am Ölmarkt für Auftrieb. Hier konnten alle Branchen zulegen. Den stärksten Anstieg verbuchte neben den Ölwerten (+3,6%) die Informationstechnologie (+3,9%). Stärker unter Druck gerieten hingegen die Aktien von Biogen (-9,4%). Der Biotechkonzern hatte nach Zahlen verkündet, den Zulassungsantrag für einen Wirkstoff gegen Alzheimer zu verschieben. Die asiatischen Märkte notieren insgesamt fester.