USA: Der Einzelhandel macht dicht: Die Umsätze brechen wie erwartet ein! - Nord LB Kolumne
In den USA sind heute Daten zur Entwicklung der Einzelhandelsumsätze im Berichtsmonat März veröffentlicht worden. Angesichts der rasanten Ausbreitung des Coronavirus in den letzten dramatischen vier Wochen musste mit einem Einbruch des für die Beurteilung der US-Konjunktur so wichtigen Indikators gerechnet werden. Die Bekanntgabe ist letztlich nahe der Prognosen und damit erwartungsgemäß finster ausgefallen: Gemeldet wurde im März ein Rückgang des Headline-Indexes um 8,7% M/M. Es ist das deutlichste monatliche Minus seit Erhebung der Zeitreihe im Jahr 1992 – und dass, obwohl der Lockdown erst im Laufe des März wirksam wurde und „Hamsterkäufe“ die Rate stabilisierten. Die Einzelhandelsumsätze sind auf Basis der nicht-saisonbereinigten Zeitreihe im Jahresvergleich um 6,2% gefallen – nach einem Plus von 4,6% Y/Y noch im Februar!
Ein wieder einmal zu berücksichtigender Faktor ist natürlich der parallel stattgefundene Preiseinbruch beim Rohöl. So ist der Benzinpreis im März um knapp 20% zurückgegangen. Das erklärt zu einem großen Teil den Absatzrückgang bei Tankstellen um sehr deutliche 17% M/M. Wird dieser Effekt heraus gerechnet, sind die Einzelhandelsumsätze entsprechend etwas weniger deutlich um 7,6% M/M gefallen. Zwar haben die rückläufigen Spritpreise die Verbraucher (etwas) entlastet, insgesamt aber dürfte die US-Wirtschaft in der Summe unter dem fallenden Ölpreis leiden.
Der Blick auf die Details der Zahlen zeigt zudem, dass die US-Autohäuser Umsatzeinbußen um 25% M/M zu schultern hatten. In diesem Umfeld hat (fast) jeder Haushalt andere Probleme als ein neues Auto zu kaufen. Aber auch bei Möbeln (-14%%), Kleidung (-50%), Sportartikel (-23%) und Restaurantbesuchen (-27%) waren die Einbußen exorbitant. Die einzigen nachvollziehbaren „Umsatzjäger“ waren die Bereiche Gesundheit (+4%) und vor allem Lebensmittel (+26%).
Ein bemerkenswertes Plus verzeichnete dagegen die für die BIP-Erhebung in den USA zentrale „Kontrollgruppe“ der Einzelhandelsumsätze, die im März um 1,7% M/M zulegte. Hierbei sind bekanntlich die diesmal ganz schwachen Bereiche Treibstoffe und Autohändler herausgerechnet – und die „Hamsterkäufe“ spielen eine große Rolle. Diese „Kontrollgruppe“, die eigentlich eine gute Vorhersage für den Privaten Verbrauch für das quartalsweise BIP-Wachstum gibt, irritiert: Dass der Private Konsum im I. Quartal keinen negativen Wachstumsbeitrag für das BIP geliefert haben wird, glauben wir nicht. Wie auch immer das I. Quartal ausfallen wird – hier sind Abgrenzungsschwierigkeiten ohnehin unvermeidbar – es ist zu befürchten, dass die Aprildaten noch schlimmer werden. Die notwendig gewordenen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Krise werden das BIP vor allem im II. Quartal deutlich ins Minus drücken. Mit einer erheblich steigenden Arbeitslosigkeit (über 10%) einhergehenden Verschlechterung der Einkommenssituation der Haushalte liefert der US-Konsument für eine Weile keine positiven Impulse mehr für die globale Ökonomie.
Fazit: Von miserablen Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen in den USA musste ausgegangen werden – und so kam es dann auch. Die notwendig gewordenen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus haben die Einzelhandelsumsätze bereits im März um 8,7% M/M einbrechen lassen. Bemerkenswerterweise zog aber die für die Berechnung des BIPs wichtige Kontrollgruppe um 1,7% M/M an, was darauf hindeuten könnte, dass der Private Konsum in der BIP-Berechnung im I. Quartal noch gar nicht so schlecht ausfallen ist. Das dicke Ende kommt dann aber sicher in den Aprildaten und damit im II. Quartal, welches wohl den größten seit Jahrzehnten gemessenen BIP-Einbruch in den USA aufweisen dürfte. Nun wird spannend sein, ob erstens die Daten bereits im Mai eine gewisse Stabilisierung aufweisen werden und ob zweitens im Verlauf des Sommers dann eine Erholung folgt. Angesichts des zu beobachtenden bisherigen Verlaufs des Coronavirus in China sehen wir für die USA eine konjunkturelle Gegenbewegung nach oben (spätestens) ab dem Halbjahreswechsel voraus.