Vor der Corona-Epidemie – Deutsche Industrie überrascht - Commerzbank Kolumne
Das produzierende Gewerbe ist überraschend stark ins neue Jahr gestartet und hat im Januar 3,0% mehr produziert als im Dezember. Besonders kräftig stieg die Bauproduktion. Damit konnte der Rückgang im Vormonat (revidiert -2,2%) überkompensiert werden, sodass sich grafisch ein Wendepunkt zeigt. Die Industrie stand somit wohl vor einer Wende, doch die Corona-Epidemie dürfte sich in den kommenden Monaten auch auf die deutschen Produktionsdaten spürbar niederschlagen. Auch der bislang stabile Dienstleistungssektor dürfte unter freiwilligen und angeordneten Quarantänemaßnahmen leiden.
Anleihen
China: Verbraucherpreise (Februar), 2:30 Uhr
Frankreich: Industrieproduktion (Januar), 08:45 Uhr
Italien: Industrieproduktion (Januar), 10:00 Uhr
Zum Wochenbeginn schnellten die Kurse von Staatsanleihen in neue Höhen und somit die Renditen auf Rekordtiefstände. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sank bis auf minus 0,91% (ein Rückgang um 20 Basispunkte (Bp)), diejenige der zehnjährigen US-Treasuries kurzfristig auf 0,31% (-45 Bp) und die zehnjährige Rendite der Schweizer Staatsanleihe mit minus 1,10% (-20 BP) zum ersten Mal unter die -1%-Marke. Neben dem sich weltweit ausbreitenden Coronavirus kommt nun eine neue Hiobsbotschaft hinzu: Ein Streit innerhalb der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) mit Russland. Russland hatte bei den Verhandlungen am Freitag weiteren Produktionskürzungen der OPEC+-Staaten nicht zugestimmt und damit den Ölpreis unter Druck gebracht. Über das Wochenende kündigte dann Saudi Arabien an, anstatt weniger zu fördern, den Ölhahn aufzudrehen. Der Ölpreis der Sorte Brent brach für ein Fass zeitweise um mehr als 30% auf bis zu 31 US-Dollar ein. Der Preiskrieg am Ölmarkt kommt zur Unzeit und ist ein erheblicher Risikofaktor sowohl für die Weltwirtschaft als auch für die Märkte. Wir erwarten durch den Preiskollaps negative Effekte für das globale Wachstum und weitere Verwerfungen an den Kapitalmärkten. Durch den inflationsdämpfenden Effekt wird sich der Druck auf die Notenbanken erhöhen, die Geldpolitik weiter zu lockern. Zwar sollten Zentralbanken durch einen vorübergehenden Einbruch des Ölpreises hindurchschauen, weil er langfristig kaum etwas am Inflationsausblick ändert. Nachdem die US-Notenbank letzte Woche mit einer Senkung um 50 Basispunkte vorgelegt hat, erwarten wir nun nach den jüngsten Ereignissen auch bei der EZB am Donnerstag eine Zinssenkung um 10 BP auf minus 0,60%.
Aktien
D. Post, Symrise, Klöckner, Uniper, Quartalszahlen
Mediaset, Telecom Italia, Quartalszahlen
Die Kombination aus eskalierender Corona-Krise in Europa und dem unglaublichen Rutsch der Ölpreise um teils über 30% führte zu einem „Schwarzen Montag“. Es gab vor allem in Europa katastrophale Verluste. Der DAX verlor 7,8%, es gab nur Verlierer. Bei defensiven Titeln wie Beiersdorf (-2,8%) oder Deutscher Börse (-3,8%) fielen die Rückschläge noch erträglich aus. Zweistellig dagegen die Verluste bei 6 Werten, darunter die drei großen Automobiltitel (Daimler -13,4%, BMW -10,8%, VW -10,5%). Hauptverlierer im DAX war Deutsche Bank (-13,6%) mit neuem Allzeittief. Erdrutschartig die Verluste auch bei vielen Titeln im Euro Stoxx 50 (-8.5%). Im Panikmodus verkauften die Anleger neben Minen-, Auto- und Bankenwerten (Verluste der Sektorindizes um mehr als 10%) vor allem Ölwerte. Diese handelten teils über 20% tiefer. Am Ende schlossen BP (-19,6%), Royal Dutch (-17,5%) oder Total (-16,6%) teils unter den Niveaus von 2008. Besser halten konnten sich Verbrauchsgüterhersteller, die um 4% verloren. Auch in den USA gab es dramatische Verluste mit einem Minus von 7,8% im Dow Jones oder 7,3% an der Nasdaq. Anfangs trat aufgrund der Verluste die automatische Handelsunterbrechung in Kraft. Zykliker aus Industrie, Finanzwerte und Energietitel verloren zweistellig. Relative Stärke zeigten Einzelhandel, Telekommunikation und Healthcare. Eine Ankündigung von Präsident Trump für ein Maßnahmenpaket, den wirtschaftlichen Auswirkungen durch Corona gegenzusteuern, konnte die Panikstimmung eingrenzen und führt heute zu einer Stabilisierung beim Ölpreis und höheren Futures. Dies hat in Asien schon zu einer ersten Erholung zwischen 0,5% in Japan und 1,5% in China geführt. In Europa sind die Indikationen noch positiver.