Aktien und Konjunkturdaten im Schatten des Coronavirus - Börse München Kolumne
Schwarze Börsenwoche: Die deutschen Aktienmärkte habe in der vergangenen Woche drastische Verluste verzeichnet. Die zunehmende Ausbreitung des Coronavirus außerhalb Chinas und die Sorgen vor den Auswirkungen auf die Weltwirtschaft ließen die Anleger zeitweise panikartig verkaufen. Befeuert wurden die Ängste durch Äußerungen von Unternehmen und Analysten, in denen diese auf die nicht absehbaren Folgen der Virusepidemie hinwiesen, sowie durch Warnungen von Seiten der Politik und Gesundheitsbehörden, dass sich die Lage zu einer globalen Pandemie auswachsen könne. Eine zwischenzeitliche Stabilisierung der Märkte zu Wochenmitte hielt nicht an.
Der Deutsche Aktienindex (Dax) brach auf Wochensicht um 12,3 Prozent auf 11.890,35 Punkte ein. Dies war der höchste Wochenverlust seit August 2011. Größte Indexverlierer waren die Titel der Lufthansa mit einem Minus von über 20 Prozent. Die Fluglinie leidet besonders unter den Folgen des Coronavirus, vor allem im Langstrecken- und Frachtgeschäft sind die Auswirkungen bereits spürbar. Der MDax sackte im Wochenvergleich um 12,6 Prozent auf 25.366,62 Zähler ab, der TecDax fiel um 11,9 Prozent auf 2.848,71 Punkte. Gegen den allgemeinen Trend legten die in beiden Indizes enthaltenen Titel von Teamviewer deutlich zu. Die Anleger sehen den Softwarehersteller als möglichen Profiteur der Viruskrise. Immer mehr Unternehmen nutzen dessen Produkte für Computer-Fernwartung und Videokonferenzen, damit Mitarbeiter von zuhause aus arbeiten können. Der m:access All-Share reduzierte sich um 7,6 Prozent auf 2.578,44 Zähler. Einen Kurssprung um über 30 Prozent nach oben verzeichnete hier in der vergangenen Woche der Indexwert NanoRepro, das Unternehmen entwickelt, produziert und vertreibt medizinische Selbsttests.
An den deutschen Anleihemärkten haben die Kurse in der vergangenen Woche deutlich angezogen. Die als sicher geltenden Bundespapiere profitierten von den Sorgen der Anleger wegen des Coronavirus und dessen wirtschaftlicher Folgen. Konjunkturdaten spielten kaum eine Rolle. Die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe fiel im Wochenvergleich von -0,44 auf -0,61 Prozent. Die Umlaufrendite rutschte von -0,44 auf -0,59 Prozent. Die Renditen italienischer Staatsanleihen zogen dagegen an, in der vergangenen Woche war das Land besonders von der Ausbreitung des Coronavirus betroffen.
An den US-Aktienbörsen sorgten zu Ende der Handelswoche Unterstützungssignale der US-Notenbank Fed im Falle einer Zuspitzung der Coronakrise zwar für eine Eindämmung der Tagesverluste, auf Wochensicht fiel die Bilanz allerdings ähnlich düster aus wie hierzulande. Der Dow-Jones-Index verlor im Wochenvergleich 12,4 Prozent auf 25.409,36 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500-Index büßte 11,5 Prozent auf 2.954,22 Zähler ein. Beim technologielastigen Nasdaq-100-Index ging es um 10,4 Prozent abwärts auf 8.461,83 Punkte.
Ausblick
Das Coronavirus dürfte auch in der aktuellen Woche das dominante Thema an den deutschen Aktienbörsen bleiben. Und etliche Beobachter gehen davon aus, dass sich erst einmal die Abwärtsbewegung fortsetzen könnte. Ob dies tatsächlich der Fall ist, dürfte in erster Linie von der Nachrichtenlage zu dem Thema abhängen. Eine weitere Verbreitung des Virus außerhalb Chinas, die realistisch gesehen wahrscheinlich ist, könnte die Sorgen der Anleger dabei befeuern. Zudem machen jede Absage öffentlicher Veranstaltungen oder weitere Quarantänemaßnahmen die Auswirkungen der Epidemie sichtbarer. Der Hinweis etlicher Experten, dass derzeit niemand die wirtschaftlichen Folgen der Viruskrise seriös prognostizieren könne, dürfte die Anleger wahrscheinlich kaum beruhigen.
Die in den kommenden Tagen anstehenden Einkaufsmanagerindizes könnten immerhin einen Einblick geben, in wie weit sich die Epidemie bereits auf die Stimmung in der Wirtschaft ausgewirkt hat. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass die jüngsten Entwicklungen in Sachen Coronavirus in diesen Indikatoren noch nicht enthalten sind. Insofern bleibt abzuwarten, wie stark sich die anstehenden Konjunkturdaten tatsächlich auf das Marktgeschehen auswirken werden. Auch so hochkarätige Veröffentlichungen wie der US-Arbeitsmarktbericht könnten im Schatten des derzeit vorherrschenden Themas stehen. Dies umso mehr, als dass viele Anleger hinsichtlich der weiteren Geldpolitik eher mit einer Unterstützung aufgrund der Viruskrise als mit Reaktionen auf Wirtschaftsdaten rechnen.
Im Blick dürften die Anleger aber auch in der aktuellen Situation die anstehenden Unternehmenszahlen haben, wenngleich deren Einfluss in erster Linie auf die jeweiligen Einzelwerte beschränkt sein dürfte. In den kommenden Tagen legen unter anderem aus dem Dax Beiersdorf, Continental, Henkel, Merck und Vonovia ihre Berichte vor.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 02.03.: Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland und der Eurozone; ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe in den USA; Markit PMI Herstellungsindex (USA); US-Konstruktionsausgaben; Caixin-Einkaufsmanagerindex für das produzierende Gewerbe in China
Dienstag, 03.03.: Verbraucherpreise in der Eurozone; Erzeugerpreise in der Eurozone; Gesamte Fahrzeugverkäufe in den USA
Mittwoch, 04.03.: Einzelhandelsumsätze in Deutschland; Markit PMI Gesamtindex für Deutschland und die Eurozone; Dienstleistungsindizes für Deutschland und die Eurozone; Einzelhandelsumsätze in der Eurozone; ISM-Index für das nicht-verarbeitende Gewerbe in den USA; ADP-Arbeitsmarktbericht (USA); Beige Book der US-Notenbank; Ergebnis der Ratssitzung der Bank of Canada
Donnerstag, 05.03.: Werkaufträge in den USA; Lohnstückkosten in den USA
Freitag, 06.03.: Werkaufträge in Deutschland; Industrieproduktion in Deutschland; US-Arbeitsmarktbericht; Handelsbilanz der USA; Verbraucherkredite in den USA
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG