China: Massivster Einbruch der PMIs – Vorboten für hiesige Tendenzen? - Nord LB Kolumne
Über das Wochenende wurden zwei wichtige Stimmungsumfragen aus China für den Monat Februar vorgelegt. Für die internationalen Finanzmärkte sind die Einschätzungen der chinesischen Unternehmen zur Lage im Reich der Mitte natürlich derzeit von besonderem Interesse – wurden doch im Zuge der Ausbreitung des Coronavirus und der angestrebten Eindämmung der Gefahren drastische Schritte von Peking durchgeführt. Die beiden richtungsweisenden Indikatoren zum verarbeitenden Gewerbe fielen so deutlich wie noch nie!
Der CFLP Einkaufsmanagerindex der China Federation of Logistics and Purchasing für den verarbeitenden Sektor wurde bereits am Sonnabend mit 35,7 Punkten (nach 50,0) veröffentlicht. Es war der stärkste Monatsrückgang seit dem Beginn der Erhebung im Jahre 2005. Das bisherige Tief in 2008 lag bei 38,8 Punkten. Nahezu alle Unterkomponenten gingen dramatisch zurück – insbesondere auch Produktion, Auftragseingänge, Importe und Beschäftigung. Dennoch wird das Ausmaß wohl noch unterzeichnet: Der Rückgang der Auslieferungszeiten geht als Signal starker Nachfrage positiv in den Index, was aktuell aber keinesfalls so zu interpretieren ist. Schon beängstigend deutlich brach auch der CFLP Dienstleistungsindex von 54,1 auf 29,6 Punkte ein. Heute Morgen wurden zudem die Zahlen zum Caixin PMI veröffentlicht. Dieser Stimmungsindikator aus dem Produktionssektor sackte auf 40,3 Punkte ein (nach 51,8).
Hatten noch die Januar-Daten der Stimmungsumfragen mit soliden Zahlen für eine positive Überraschung gesorgt, kam es nun zu den starken Rückgängen, die so aber zumeist nicht erwartet wurden. Die im Zuge des Coronavirus erforderliche Abriegelung von Millionenstädten, die Reisebeschränkungen, die Verlängerung des Neujahrsfestes und die Einstellung der Arbeit in Produktionswerken zeigt sich nun – wie befürchtet – in den massiven Stimmungseintrübungen. Nach monatelangen Sorgen um eine Eskalation im Handelskonflikt zwischen den USA und China reiht sich damit der nächste Belastungsfaktor für das Reich der Mitte nahtlos ein. Da im Februar traditionell keine Januardaten für die Industrieproduktion und die Einzelhandelsumsätze veröffentlicht werden, muss auf die entsprechenden Februardaten bis zum 16. März gewartet werden – bis dahin „tappen“ die Volkswirte etwas im Dunkeln. Insofern liefern die Stimmungsumfragen wichtige Indikationen für die makroökonomischen Tendenzen. Obwohl in den chinesischen Betrieben offenbar zunehmend die Arbeit wiederaufgenommen wird, scheint nur ein Teil der Beschäftigten zurückzukehren und somit bleibt die Produktion relativ niedrig. Es wird abzuwarten sein, inwieweit es gelingt, die Lieferketten wieder zu beleben – was Auswirkungen auch für die weltweite Konjunktur haben kann.
Ängste machen sich nun auch in den anderen Wirtschaftsregionen der Welt breit. Wenn die chinesischen Entwicklungen nur Vorboten der zu erwartenden Tendenzen auch in Europa und den USA sind, dann droht tatsächlich eine große, heute noch nicht abschätzbare Krise.
Fazit: Die chinesischen Stimmungsumfragen lieferten im Februar bisher nie verzeichnete Einbrüche: Der (offizielle) CFLP PMI fiel auf 35,7 Punkte, der Caixin PMI auf 40,3 Punkte. Es sind die stärksten Rückgänge überhaupt – und damit noch massiver als während der Finanzmarktkrise von 2008. Ein BIP-Rückgang im I. Quartal ist sicher. Doch mittlerweile schwappen die Ängste vor einem weltweiten Konjunktureinbruch auch auf Europa und die USA über. Die Augen der Finanzmarktteilnehmer sind nun auf die Regierungen und vor allem auf die Geldpolitiker gerichtet. Mittlerweile wird offenbar spekuliert, ob in einer konzertierten Aktion die Leitzinsen gesenkt werden können. Entsprechend konnten die Rückgänge der Aktienkurse und der Zinsen zu Handelsbeginn zunächst einmal gestoppt worden. Nachhaltiger wirksam gegen das Coronavirus wäre jetzt aber ein richtiges Medikament!