Ifo-Geschäftsklima ignoriert Coronavirus - Commerzbank Kolumne
Entgegen den Erwartungen der Analysten sehen die vom Ifo-Institute befragten Unternehmen die Konjunktur aktuell positiver als im Januar. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg leicht von 95,9 auf 96,1 Punkte. Normalerweise dienen diese Umfragen der Konjunkturprognose. Aktuell sind sie aber wenig informativ. Die Zahlen aus China zeigen eindeutig einen Produktionsniedergang, der schon bald globale Wertschöpfungsketten in Mitleidenschaft ziehen wird. Deutsche Autobauer sind z.B. stark auf chinesische Zulieferfirmen angewiesen. Die Rezession in der deutschen Industrie – so schreiben unsere Volkswirte – dürfte sich verlängern. Mit dem Auftreten des Coronavirus in Norditalien entsteht jetzt ein weiteres Risiko.
Anleihen
Deutschland: Details BIP-Zahlen (4. Quartal), 8:00 Uhr
Ungarn: Zinsentscheidung Notenbank, 14:00 Uhr
USA: CaseShiller Hauspreisindex (Dez.), 15:00 Uhr
USA: Verbrauchervertrauen (Feb.), 16:00 Uhr
Das Coronavirus hat die Märkte mit der Ausbreitung in Südkorea, dem Iran und Norditalien fest im Griff. Die PMIs für Februar vom vergangenen Freitag für den Euroraum (verarbeitendes Gewerbe 49,1 nach 47,9 Punkte, Dienstleistungen 52,8 nach 52,5 Punkte) und der gestern veröffentlichte Ifo-Index (siehe „Im Blickpunkt“) überraschten aber positiv. Sie spiegeln eher den Trend ohne den Einfluss des Coronavirus wider, der auf Erholung stand, denn die Befragung war noch etwas zu früh, um die Auswirkungen in ihrer ganzen Tragweite bereits zu erfassen. Zudem ist die Verbesserung der PMIs vor allem auch auf längere Lieferzeiten zurückzuführen, die aber in der aktuellen Situation auf Lieferunterbrechungen aus China zurückzuführen sein dürften und nicht auf höher ausgelastete Kapazitäten. Die PMIs in den USA vom Freitag (verarbeitendes Gewerbe 50,8 nach 51,9 Punkten, Dienstleistungen 49,4 nach 53,4 Punkte) gaben dagegen überraschend deutlich nach, obwohl gerade hier der Einfluss des Coronavirus noch nicht so groß sein sollte. Fazit: Es ist davon auszugehen, dass das Coronavirus auf das Wachstum in Europa und den USA kurzfristig durchaus nennenswerte Auswirkungen hat. Die Rentenmärkte sehen dies ähnlich und zeigen sich weiter fest. Im Fall Italiens stiegen jedoch die Risikoaufschläge deutlich. Bemerkenswert: die 30-jährige US-Treasury-Rendite erreichte mit 1,82% ein historisches Tief. Die Renditekurven werden global immer flacher bzw. sind wie im Euro bereits invers. Die „bullishe Verflachung“ spricht zwar nicht gegen ein glimpfliches Coronavirusszenario, aber doch für ein per saldo schwaches Wachstum. Die Ölpreise standen wegen der unsicheren Nachfrageperspektive und der Uneinigkeit der OPEC+ unter Druck.
Aktien
Alcon, Endesa, Intesa Sanpaolo, Philips, Q4 2019
Home Depot, Q4 2019
Die Ausbreitung des Corona-Virus nach Europa mit Pandemie-Risiken versetzte den Aktienmärkten weltweit gestern einen heftigen Schlag. Die Verluste der europäischen Indizes beliefen sich auf rund 4%, in Mailand lag das Minus mit 5,4% im MIB30 höher. Besonders schwache Sektoren waren Airlines und mit 4% niedrigeren Ölpreisen in gleichem Umfang Energie und Grundstoffe. Der Telekomsektor war mit nur -2,3% der relativ beste Sektor. Hauptverlierer im DAX, in dem es keinen Gewinner gab, war Deutsche Lufthansa (-8,8) sowie Daimler (-6,7%). Im MDAX – ebenfalls ohne Gewinner – gab es bei CTS Eventim (-9,6%) wegen Sorgen um ausfallende Großveranstaltungen drastische Verluste. Der DAX liegt nun an einer nicht unwichtigen technischen Unterstützungsmarke knapp unter 13.000. Auch in den USA drückte das Corona-Virus auf die Kurse. Der Dow Jones verlor 1.000 Punkte und schloss unter 28.000 mit einem Minus von 3,6%, ähnlich wie Nasdaq und S&P500. Auch wenn die USA aktuell vergleichsweise wenig betroffen erscheinen, werden Auswirkungen auf die global tätigen Unternehmen befürchtet. Sektorverlierer waren auch in den USA Energie (-4,7%) und IT (-4,1%), während sich defensive Sektoren wie Versorger (-1,2%) und Immobilien (-1,3%) besser hielten. Größte Verlierer waren Fluggesellschaften, Buchungsportale oder Krankenversicherungen. UnitedHealth (-7,8%) war schwächster Wert im Dow. Zu den raren Gewinnern zählte Biotech-Wert Gilead (+4,6%), der von Phantasie auf ein wirksames Mittel gegen das Coronavirus profitierte. Während Japan (Nikkei -3,3%) nach Feiertag gestern heute die Verluste nachholt, sind die anderen asiatischen Börsen stabilisiert. Für Europa deutet sich mindestens eine technische Erholung an.