ZEW-Umfrage: Zum Jahresende ein Silberstreif am Horizont - Nord LB Kolumne
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim hat soeben die Ergebnisse seiner monatlichen Umfrage unter gut 200 Volkswirten, Analysten und Fondsmanagern veröffentlicht. Demnach stiegen die Konjunkturerwartungen für Deutschland überraschend deutlich auf 10,7 Saldenpunkte an. Dies ist der höchste Wert seit Februar 2018, jedoch noch immer etwas unterhalb des langjährigen Durchschnitts. Immerhin weist der Trend bei den Konjunkturerwartungen ähnlich wie schon in der sentix-Umfrage eindeutig nach oben. Parallel beurteilten die Umfrageteilnehmer auch die aktuelle Lage besser als im Vormonat, die Lagekomponente bleibt mit -19,9 Punkten jedoch vorerst noch im negativen Bereich.
Auch für die Eurozone hellte sich die Stimmung im Dezember in etwa dem gleichen Ausmaß auf. Die Erwartungskomponente kletterte auf 11,2 Saldenpunkte, während die Lagekomponente trotz eines leichten Anstiegs auf -14,7 Punkten noch nicht das negative Terrain verlassen konnte.
Insgesamt fielen die heutigen Zahlen deutlich besser aus, als von den von Bloomberg im Vorfeld befragten Analysten erwartet worden war. Dem deutschen Aktienindex DAX griffen die positiven Nachrichten um 11 Uhr zwar etwas unter die Arme, der seit der Eröffnung insgesamt negative Trend mit einem Absinken unter die psychologisch wichtige Marke von 13.000 Punkten konnte aber nicht gebrochen werden.
Die letzten Signale von den Frühindikatoren waren insgesamt positiv. Allerdings mahnen die anhaltend schwachen harten Konjunkturdaten aus dem Industriesektor noch zur Vorsicht. Der jüngste Rückgang der Auftragseingänge und die nach wie vor gedämpfte Industrieproduktion belegen die nach wie vor hohe Fragilität der konjunkturellen Entwicklung. Zwar konnte im dritten Quartal eine technische Rezession knapp umschifft werden, für das vierte Quartal erwarten wir hingegen erneut nicht mehr als Stagnation.
Für eine gewisse Entspannung hatten in den vergangenen Wochen vor allem Hoffnungen auf eine (Teil-)Einigung im Handelskonflikt zwischen den USA und China gesorgt. Auch dass zumindest kurzfristig ein No-Deal-Brexit sehr unwahrscheinlich geworden ist, hat den Optimismus vor allem bei den Finanzmarktteilnehmern genährt. Die geldpolitische Lockerung durch die Fed und die EZB dürfte hierzu ebenfalls beigetragen haben. Weitere Schritte in diese Richtung sind von Seiten der wichtigen Notenbanken kurzfristig und ohne neue schlechte Datenmeldungen jedoch nicht zu erwarten. Zudem ist eine gesunde Skepsis auch bei den politischen Risiken weiterhin angebracht, da weder das Thema Handelskonflikte noch der Brexit final gelöst sind. Ein Tweet von Donald Trump oder ein ungünstiger Wahlausgang in Großbritannien am 12. Dezember können schlagartig die Unsicherheit zurück an die Oberfläche spülen.
Im Gesamtjahr 2019 dürfte die deutsche Wirtschaftsleistung nur um 0,5% wachsen, für das Jahr 2020 halten wir angesichts der ungeklärten politischen Risiken vorerst an unserer verhaltenen Prognose von 0,8% fest. Bezogen auf die Signale der Frühindikatoren kann man von einem Silberstreif am Horizont sprechen – nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Fazit: Das ZEW hat für den Monat Dezember eine weitere Stimmungsaufhellung unter den Finanzmarktexperten festgestellt. Sowohl die aktuelle Lage als auch die Konjunkturerwartungen werden positiver als im Vormonat beurteilt. Letztere kletterten sogar wieder in den positiven Bereich zurück und markieren den höchsten Stand seit Februar 2018. Gleichwohl mahnen die schwachen Industriedaten und die hohen politischen Unsicherheiten, dass die konjunkturelle Entwicklung vorerst fragil bleibt. Die Stimmungsaufhellung zum Jahresende ist ein Silberstreif am Horizont – nicht mehr, aber auch nicht weniger!