ifo-Geschäftsklima: Bodenbildung mit einem zarten Pflänzlein Hoffnung - Nord LB Kolumne
Die Umfrage des Münchner ifo-Institut fand soeben ihren Weg in die Öffentlichkeit. Danach verbesserte sich die Beurteilung der aktuellen Lage der rund 9.000 befragten Unternehmen in Deutschland auf 97,9 Zähler. Die Geschäftserwartungen stiegen auf 92,1 Punkte. Daraus ergibt sich dann ein Gesamtergebnis für den ifo-Geschäftsklimaindex in Höhe von 95 Punkten.
Zuletzt reflektierten die Kapitalmärkte wieder deutlich mehr Optimismus. Dazu trugen unter anderem die verbesserten Aussichten auf eine mögliche Einigung zwischen den Handelskonflikt-Parteien USA und China und die Entwicklung in Bezug auf den Brexit, wo der neue „Deal“ und die Wahlen am 12. Dezember zumindest ein Ende der langen Phase der Unsicherheit bedeuten könnten, denn derzeit führt Boris Johnson die Umfragen deutlich an. In Punkto Handelskonflikt wurde in Deutschland positiv aufgenommen, dass die Autohersteller mit dem Versprechen, mehr Arbeitsplätze in den USA aufzubauen, das Thema Autozölle vorläufig vom Tisch bekamen.
Positive Meldungen gab es durchaus auch von den Konjunkturzahlen. So konnte ein robuster privater Konsum dem BIP-Wachstum unter die Arme greifen, so dass eine technische Revision vermieden werden konnte: Um +0,1% Q/Q stieg die Wirtschaftsleistung in Deutschland im III. Quartal. Dabei halfen freilich dann auch die Revisionen der Vorquartale etwas. Auch die Auslandsnachfrage nach deutschen Gütern zieht wieder an und Konjunkturfrühindikatoren wie sentix, PMI Manufacturing und ZEW konnten wieder zulegen. Dies gab in unseren Modellen entsprechenden Aufwind.
Natürlich müssen wir an dieser Stelle wieder die Rolle der Volkswirte als Warner spielen, denn noch ist der Aufschwung nicht da, es zeichnet sich lediglich eine Bodenbildung ab. Noch befinden wir uns in einer Industrierezession. Sollte es hier keine Besserung über eine geringere Beschäftigung geben, könnte das auch an der bislang stabilen Konsumneigung sägen. Und letztlich sind auch die großen globalen Risiken Handelskrieg weiter nicht vom Tisch. Denn Donald Trump ist nicht für seine Berechenbarkeit bekannt und gute Umfragewerte hatte auch schon Theresa May kurz bevor sie die Mehrheit im Parlament verlor. Weitere Zitterpartien stehen uns möglicherweise bevor. Insofern ist es wohl legitim, vom zarten Pflänzlein Hoffnung zu sprechen.
Für ein nachhaltiges Wachstum in Deutschland und Europa wäre es auch für die Finanzpolitik langsam an der Zeit zu liefern. Dies forderte auch die neue EZB-Chefin Lagarde in ihrer ersten Rede ein. Gemeinsame valide Vorschläge zweier renommierter Wirtschaftsinstitute – davon eins arbeitgebernahe und eins arbeitnehmernahe – wurden letzte Woche veröffentlicht und finden derzeit bemerkenswert wenig Widerhall in der politischen Diskussion. Hier würden wir uns mehr wünschen.
Die Marktreaktionen sind minimal: Der Dax verharrt nahe dem heutigen Eröffnungskurs bei 13.250 Punkten und damit 350 Punkte unter dem Allzeithoch, der Euro werte minimal ab, vermutlich wegen der Aussichten, mit dieser Aufhellung am Konjunkturhimmel werde die Fiskalpolitik nicht tätig.
Fazit: Der ifo-Geschäftsklimaindex kann sich auf 95 Punkte maßgeblich aufgrund der optimistischeren Geschäftsaussichten verbessern. Diese sind unter anderem von den besseren Aussichten beim Handelskonflikt und dem Brexit getrieben, aber auch von tatsächlich wieder etwas besseren harten Zahlen. Allerdings kann man hier wohl eher von einer Bodenbildung sprechen. Angesichts dessen, dass Donald Trump nicht für seine Berechenbarkeit bekannt ist und auch Theresa May schon einmal in den Umfragen führte bevor sie die Mehrheit im Parlament verlor, bleibt die Unsicherheit vorerst erhalten. Gemäß des Mottos: Ein ifo-Index am Montagmorgen vertreibt nicht gleich Kummer und Sorgen! Das Pflänzlein Hoffnung ist zart. Ein wenig Dünger seitens der Wirtschaftspolitik wäre freilich sehr hilfreich.