Konjunktur Deutschland: Außenhandel bremst in Q2, Rezessionssignale mehren sich - Nord LB Kolumne
Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat heute detaillierte Zahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Frühjahr veröffentlicht. Bei den Daten gab es keine Änderungen zu den am 14. August gemeldeten vorläufigen Ergebnissen. Demnach hat sich die reale Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal leicht abgeschwächt. Das reale Bruttoinlandsprodukt schrumpfte um 0,1% Q/Q.
Die negative Veränderungsrate des BIP ist vor allem auf den extrem schwachen Export (-1,3% Q/Q) zurückzuführen. Hierin spiegeln sich die globalen Risiken ebenso wie die erhebliche Abschwächung des Welthandels im ersten Halbjahr wider. Hinzu kommt ein Rückgang der Bauinvestitionen (-1,0%) als Gegenbewegung zu der witterungsbedingt kräftigen Expansion im ersten Quartal. Unterstützung kam leicht vom privaten (+0,1%) und stärker vom öffentlichen Konsum (+0,5%).
Der exportorientierten deutschen Wirtschaft machen vor allem die Hängepartie rund um den Brexit als auch der Handelskonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften USA und China zu schaffen, wobei die jüngsten Eskalationen noch gar nicht in den Daten des zweiten Quartals enthalten sind. Insbesondere das zunehmend unberechenbare Agieren des US-Präsidenten Donald Trump belastet die Investitionsbereitschaft und das Sentiment nachhaltig.
Die Verwundbarkeit hängt mit der deutschen Wirtschaftsstruktur bzw. dem Wachstumsmodell zusammen. Deutschland ist durch den großen Industrieanteil an der Wertschöpfung, den hohen Offenheitsgrad sowie das hohe Gewicht der Auslandsmärkte USA, UK, China und Italien anfällig. Für die schwächelnde Industrie zeichnet sich kurzfristig keine Besserung ab. Mit Blick auf den konjunkturellen Grundtrend alarmiert der Einbruch der Inlandsaufträge für Investitions- und Vorleistungsgüter sowie das Überspringen des Konjunkturpessimismus auf den Dienstleistungssektor.
Die Zeichen deuten immer mehr in Richtung auf eine Rezession für Europas größte Volkswirtschaft. Angesichts des negativen Ausblicks und der ungebremsten Fallgeschwindigkeit muss die Fiskalpolitik jetzt für den Fall einer weiteren Verschlechterung der Lage vorbauen und geeignete Maßnahmen für eine fiskalische Intervention vorbereiten. Bei einer längeren Rezession oder gar einer tiefen Krise – und dies ist wegen der politischen Risiken nicht auszuschließen – wäre die EZB allein völlig überfordert. Im ersten Halbjahr erzielte der Staat einen Überschuss von EUR 45,3 Mrd., die Schuldenlast ist gering und an dem extrem niedrigen Zinsumfeld wird sich vorerst wenig ändern. Der deutsche Staat hat somit erheblichen Handlungsspielraum, er muss nur genutzt werden.
Fazit: Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im zweiten Quartal leicht geschrumpft. Das reale Bruttoinlandsprodukt ging um 0,1% zur Vorperiode zurück, vor allem wegen stark rückläufiger Exporte. Die großen politischen Risiken (Brexit, Handelskrieg) belasten das Sentiment weltweit und treffen besonders das exportorientierte Wirtschaftsmodell Deutschlands. Die Signale für eine Rezession wie der jüngste Einbruch des ifo-Geschäftsklimas nehmen zu. Die Fiskalpolitik ist nun dringend gefordert, sinnvolle fiskalische Maßnahmen zur Stabilisierung vorzubereiten. Zurücklehnen und auf die EZB zu vertrauen ist keine sinnvolle Option!