Francotyp-Postalia: Auf dem Weg zu einem großen Ziel
Die Zeiten, als die Francotyp-Postalia Holding AG (FP) nur für ihre Frankiermaschinen bekannt war, sollten eigentlich vorbei sein. Längst hat die Gesellschaft eine Reihe von Erweiterungen vorgenommen, sind Stichworte wie Digitalisierung oder Internet der Dinge bei FP angekommen. Doch der Markt hat dies noch nicht wirklich realisiert. Eine Marktkapitalisierung von 55 Millionen Euro wird so manchen Startups zugestanden. Bei FP kann man mit etwas Phantasie von einem 95 Jahre alten Startup sprechen, das sich derzeit teils neu erfindet und dabei am Ende des dritten Quartals 28,7 Millionen Euro an liquiden Mitteln und rund 200.000 Kunden in aller Welt hatte. Auf einem in Berlin abgehaltenen Investorentag erfuhren die Besucher, dass man zwischen 500 Euro und 1.000 Euro investieren muss, um einen neuen Kunden zu gewinnen. Allein das Potenzial der Kundendatenbank liegt somit klar über der Marktkapitalisierung von FP.
Drei Märkte will FP künftig bearbeiten: den Frankierbereich, die e-Signatur und das sichere Internet der Dinge (IoT). Diese Märkte kommen künftig global auf ein geschätztes Volumen von mehr als 40 Milliarden Euro. Von diesem Kuchen will sich FP nur ein kleines Stückchen abschneiden. Bis 2023 soll der Umsatz der Berliner auf 400 Millionen Euro (2017: 206 Millionen Euro) steigen, das wäre ein Prozent des Gesamtvolumens dieser Bereiche.
Unklar ist jedoch, wie sich der Umsatz auf diese drei Bereiche verteilen wird und welche Rolle Freesort, die Sparte Geschäftspost und Postdienstleistungen von FP, dabei spielen wird. Auf dem Investorentag wird klar, dass die Unternehmensführung mit der Sparte in der aktuellen Form nicht glücklich ist. Bei einem Umsatz von 65,7 Millionen Euro (2017) liegt die Marge im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Hier überlegt der Vorstand derzeit verschiedene strategische Optionen für die Zukunft des Bereichs Mail Services. Ob es dabei um einen Verkauf geht, einen Zukauf oder sogar, was allgemein als sehr unwahrscheinlich angesehen wird, einen Börsengang, bleibt völlig offen.
Indirekt angekündigt wird auf dem Investorentag in einem Berliner Hotel, dass man sehr stark über ein Aktienrückkaufprogramm nachdenkt. Hier sollten in den kommenden Monaten neue Details folgen. Gleichzeitig will man sich bei FP einen Spielraum für weitere Zukäufe lassen. 2019 dürfte dabei nicht so viel auf der Agenda stehen, ab 2020 könnten jedoch größere Deals folgen.
Francotyp-Postalia: 1,00 Euro Gewinn je Aktie spätestens für 2023 angepeilt
In den kommenden Monaten will FP eine neue Frankiermaschine auf den Markt bringen. Dies ist die erste große Neuerung in diesem Bereich seit 2012. Die neue Maschine muss noch zertifiziert werden, so dass sie erst im zweiten Halbjahr auf den Markt kommen dürfte. Erstes Zielland sind die USA, gefolgt von Deutschland. In diesem Jahr könnten 4.000 neue Maschinen verkauft und verleast werden. 2020 wären 12.000 Transaktionen möglich. Gedreht wird bei der Markteinführung ein wenig an der Preisspirale. Die Neuheit soll etwas höher bepreist werden als die bisherigen Modelle. 1.400 Euro könnten am Markt durchsetzbar sein.
Noch ein teilweiser Neustart wartet auf viele Kunden. Mit FP Sign will die Gruppe ebenfalls punkten und sichere Vertragsunterzeichnungen über das Netz in kurzer Zeit ermöglichen. Das Produkt ist derzeit nur für wenige Kunden verfügbar, der große Marktstart steht aber an. Und mit FP Parcel Shipping wird die Gesellschaft noch eine dritte Neuerung im Jahresverlauf anbieten. Hier können Kunden ihre Pakete über mehr als 200 Carrier an Adressaten verschicken. FP verspricht sich davon wiederkehrende Umsätze und eine ansprechende Marge. All dies und weitere Aktivitäten sollen ab 2020 durch verstärkte Marketingaktivitäten gestützt werden.
Diese Maßnahmen und Neuerung sollen dazu beitragen, dass der Knoten bei FP platzt, dass die Bewertungslücke sich verringert. Spätestens 2023 will FP einen Gewinn je Aktie von 1,00 Euro erwirtschaften. Aktuell notiert die Aktie bei 3,40 Euro. Das ergäbe ein spannendes KGV. Beobachter hoffen jedoch, so war in Berlin zu hören, dass die Euro-Grenze beim Gewinn schon früher fällt. Zur höheren Profitabilität beitragen soll ebenfalls das Programm JUMP, das ab 2020 jährliche Einsparungen von 6 Millionen Euro vorsieht. Hier läuft alles, so die Berliner Erkenntnis, nach Plan.
Unbeantwortet bleibt auf dem CMD in Berlin-Friedrichshain letztlich nur eine Frage: Wie lief es 2018 und wie sieht die Prognose für 2019 aus? Hier müssen sich Investoren bis zur Bekanntgabe der Zahlen im März gedulden.